Das limbische System

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Author: Tanja Krämer

Das limbische System kann auf eine wandlungsvolle neurowissenschaftliche Geschichte zurückblicken. Lange galt es als unitäres Zentrum unserer Emotionen, und zahlreiche populärwissenschaftliche Texte transportieren nach wie vor diese vereinfachte Botschaft. Tatsächlich aber gehen die Funktionen des limbischen Systems weit darüber hinaus, denn neben der Steuerung von Emotionen beeinflusst es zum Beispiel auch Gedächtnis oder Antrieb. Und auch umgekehrt betrachtet ist unser Gefühlsleben eine zu komplexe Angelegenheit, als dass es allein durch die recht begrenzten Strukturen des limbischen Systems erklärbar wäre.

Wissenschaftliche Betreuung: Prof. Dr. Herbert Schwegler, Prof. Dr. Anne Albrecht

Veröffentlicht: 22.12.2023

Niveau: mittel

Das Wichtigste in Kürze

Der Begriff „limbisches System“ ist sehr unscharf und bezeichnet eine Gruppe von Strukturen, die mit der Verarbeitung von Emotionen und mit Gedächtnisprozessen befasst sind. Welche dies sind, darüber gibt es unterschiedliche Vorstellungen. Die wichtigsten sind Hippocampus, Amygdala, Gyrus cinguli und Gyrus parahippocampalis.

Historische Fehldeutungen

Welche Strukturen und Areale zum limbischen System zählen, lässt sich nicht eindeutig sagen – die Angaben variieren entsprechend der Position und des Konzeptes des jeweiligen Autors. Die älteste Definition stammt von dem französischen Arzt Paul Broca (1824 – 1880). Er postulierte 1878, es gebe in der Großhirnrinde ein Areal, das sich vom restlichen Cortex grundlegend unterscheide – und von dem Broca fälschlicherweise annahm, es sei ausschließlich für das Riechen zuständig. Weil sich dieses Areal ringförmig um den Thalamus und Anteile der Basalganglien legt, wählte er den lateinischen Begriff „limbus“, was so viel bedeutet wie „Saum“ oder „Rand“.

1949 formulierte der US-amerikanische Mediziner und Hirnforscher Paul McLean die Theorie, das limbische System sei das Zentrum unserer Emotionen und stelle damit – ungefähr wie eine biologische Matrjoschka-Puppe – ein emotionales Gehirn im Gehirn dar. Seine inzwischen überholte Theorie unterfütterte er auch mit evolutionären Thesen: Zuerst, so glaubte er, sei das grobe Überleben des Reptiliengehirns gekommen, dann die emotionale Steuerung des limbischen Systems und ganz zuletzt erst hätten sich die höheren kortikalen Bereiche entwickelt. Nichts davon trifft zu.

McLean ging davon aus, dass zusätzlich zu den von Broca bestimmten Arealen auch die Amygdala und das Septum am limbischen System beteiligt seien. Zumindest in Bezug auf die Amygdala ist McLeans biologische Einteilung auch heute noch wissenschaftlich akzeptiert.

Cortex

Großhirnrinde/Cortex cerebri/cerebral cortex

Cortex bezeichnet eine Ansammlung von Neuronen, typischerweise in Form einer dünnen Oberfläche. Meist ist allerdings der Cortex cerebri gemeint, die äußerste Schicht des Großhirns. Sie ist 2,5 mm bis 5 mm dick und reich an Nervenzellen. Die Großhirnrinde ist stark gefaltet, vergleichbar einem Taschentuch in einem Becher. So entstehen zahlreiche Windungen (Gyri), Spalten (Fissurae) und Furchen (Sulci). Ausgefaltet beträgt die Oberfläche des Cortex ca 1.800 cm2

Basalganglien

Basalganglien/Nuclei basales/basal ganglia

Basalganglien sind eine Gruppe subcorticaler Kerne (unterhalb der Großhirnrinde gelegen) im Telencephalon. Zu den Basalganglien zählen der Globus pallidus und das Striatum, und je nach Autor weitere Strukturen, wie z. B. die Substantia nigra und der Nucleus subthalamicus. Die Basalganglien werden primär mit der Willkürmotorik in Verbindung gebracht, beeinflussen aber auch Motivation, Lernen und Emotion.

Amygdala

Amygdala/Corpus amygdaloideum/amygdala

Ein wichtiges Kerngebiet im Temporallappen, welches mit Emotionen in Verbindung gebracht wird: es bewertet den emotionalen Gehalt einer Situation und reagiert besonders auf Bedrohung. In diesem Zusammenhang wird sie auch durch Schmerzreize aktiviert und spielt eine wichtige Rolle in der emotionalen Bewertung sensorischer Reize. Darüber hinaus ist sie an der Verknüpfung von Emotionen mit Erinnerungen, der emotionalen Lernfähigkeit sowie an sozialem Verhalten beteiligt. Die Amygdala – zu Deutsch Mandelkern – wird zum limbischen System gezählt. 

Teilbereiche des limbischen Systems

Heutzutage zählen die meisten Wissenschaftler zum limbischen System den Hippocampus, den Gyrus cinguli, den Gyrus parahippocampalis, die Amygdala und das Corpus mammillare. Auch wird die Erweiterung des limbischen Systems um das Riechhirn – inklusive Septum – und Teile des Thalamus diskutiert. Spätestens hier wird klar: Das limbische System definiert sich nicht topographisch über die lokale Nähe der Strukturen, sondern über ihre funktionalen Verbindungen.

Und tatsächlich sind die beteiligten Strukturen eng miteinander verknüpft. Zahlreiche Studien legen nahe, dass das limbische System unser affektives Verhalten zumindest teilweise kontrolliert und damit Gefühle und Sexualität beeinflusst. Zudem spielt es eine zentrale Rolle bei der Abspeicherung von Gedächtnisinhalten und ist so an Lernprozessen beteiligt. Besonders wichtig hierbei ist der Papez-Kreis, benannt nach dem US-amerikanischen Neurologen James Papez, der diesen Schaltkreis in den 1930er Jahren entdeckte.

Amygdala

Amygdala/Corpus amygdaloideum/amygdala

Ein wichtiges Kerngebiet im Temporallappen, welches mit Emotionen in Verbindung gebracht wird: es bewertet den emotionalen Gehalt einer Situation und reagiert besonders auf Bedrohung. In diesem Zusammenhang wird sie auch durch Schmerzreize aktiviert und spielt eine wichtige Rolle in der emotionalen Bewertung sensorischer Reize. Darüber hinaus ist sie an der Verknüpfung von Emotionen mit Erinnerungen, der emotionalen Lernfähigkeit sowie an sozialem Verhalten beteiligt. Die Amygdala – zu Deutsch Mandelkern – wird zum limbischen System gezählt. 

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Der Papez-​Kreis

Der Papez-Kreis läuft vom Hippcampus über den Fornix zu den Corpora mamillaria und weiter über den Thalamus zum Gyrus cinguli, der seinerseits wieder zurück zum Hippocampus projiziert. Damit schließt sich ein Kreis, der essentiell für das Gedächtnis ist: Wird er durch Operationen oder Läsionen unterbrochen, verlieren die Patienten die Fähigkeit zum Abspeichern von neuen Gedächtnisinhalten. Zwar erinnern sie ihre Vergangenheit – je älter die Erinnerung, umso besser –, doch der Weg vom Kurzzeit- ins Langzeitgedächtnis ist zerstört.

Störungen im limbischen System werden auch immer wieder mit ungewöhnlichen Emotionen oder Stimmungen in Zusammenhang gebracht, so etwa mit Schizophrenie oder Bipolaren Störungen, Angst– oder Aggressionsstörungen, aber auch mit Depressionen.

Corpora mamillaria

Brustkörperchen/corpus mamillare /mammilary bodies

Zwei Strukturen des hinteren Thalamus (größter Teil des Zwischenhirns). Auf Grund ihrer Ähnlichkeit zur weiblichen Brust auch Brustkörperchen genannt. Sie liegen am Vorderende der Fornix (Hirngewölbe) und werden dem limbischen System zugeschrieben.

Umstritten, aber bedeutsam

Das limbische System besteht aus einer eng vernetzten Gruppe von Hirnarealen, die in verschiedene Bereiche des Großhirns, aber auch des Hirnstamms aussenden. Wichtige Bestandteile sind Hippocampus, Gyrus cinguli, Gyrus parahippocampalis, Amygdala und Corpus mamillare. Die Definition des limbischen Systems ist umstritten, da es ein historisch geprägter Begriff ist, dessen Funktionen sich nicht so eindeutig abgrenzen lassen, wie man dies früher vermutet hat. Dies gilt vor allem für die Verarbeitung von Emotionen, die man vereinzelt auch heute noch allein dem limbischen System zuschreibt. Doch inzwischen wissen wir, dass zwar limbische Strukturen für die Verarbeitung von Emotionen, für Lernen und Erinnerung eine große Rolle spielen, aber dabei in ein weitaus größeres Netzwerk eingebettet sind.

Amygdala

Amygdala/Corpus amygdaloideum/amygdala

Ein wichtiges Kerngebiet im Temporallappen, welches mit Emotionen in Verbindung gebracht wird: es bewertet den emotionalen Gehalt einer Situation und reagiert besonders auf Bedrohung. In diesem Zusammenhang wird sie auch durch Schmerzreize aktiviert und spielt eine wichtige Rolle in der emotionalen Bewertung sensorischer Reize. Darüber hinaus ist sie an der Verknüpfung von Emotionen mit Erinnerungen, der emotionalen Lernfähigkeit sowie an sozialem Verhalten beteiligt. Die Amygdala – zu Deutsch Mandelkern – wird zum limbischen System gezählt. 

Erstveröffentlichung am 14.11.2010
Aktualisierung am 22.12.2023

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