Der Parietallappen
Der Parietal-, der Scheitellappen, liegt hinter dem Frontallappen und ist von diesem durch die Zentralfurche getrennt. Im Parietallappen enden zwei wichtige Nervenbahnen, die Körperempfindungen wie Schmerz und Temperatur oder auch Berührung übermitteln. Doch die Aufgaben des Parietallappens gehen weit über den Körper hinaus.
Wissenschaftliche Betreuung: Prof. Dr. Herbert Schwegler, Prof. Dr. Anne Albrecht
Veröffentlicht: 18.09.2025
Niveau: mittel
Die Hauptfunktion des Parietallappens ist die Verarbeitung von Informationen unserer somatosensorischen Wahrnehmung: Was fühlt der Körper (z. B. Berührung, Schmerz, Temperatur) und wo und in welcher Position befinden sich die eigenen Gliedmaßen? Während dies im somatosensorischen Cortex geschieht, setzt der hintere Bereich des Parietallappens diese Informationen in Beziehung zur nahen und fernen Umgebung. Schäden in diesen Bereichen können zu einem sogenannten Neglect führen – zu Schwierigkeiten beim Erkennen der eigenen Gliedmaßen oder einer Hälfte der Umwelt.
Cortex
Großhirnrinde/Cortex cerebri/cerebral cortex
Cortex bezeichnet eine Ansammlung von Neuronen, typischerweise in Form einer dünnen Oberfläche. Meist ist allerdings der Cortex cerebri gemeint, die äußerste Schicht des Großhirns. Sie ist 2,5 mm bis 5 mm dick und reich an Nervenzellen. Die Großhirnrinde ist stark gefaltet, vergleichbar einem Taschentuch in einem Becher. So entstehen zahlreiche Windungen (Gyri), Spalten (Fissurae) und Furchen (Sulci). Ausgefaltet beträgt die Oberfläche des Cortex ca 1.800 cm2.
Am Übergang von Temporal- und Parietallappen, der so genannten temporoparietale Übergang (TPJ), können merkwürdige Dinge geschehen – zumindest, wenn man diesen Bereich mit Elektroden stimuliert. Dies gelang Olaf Blanke in Lausanne: Er führte eine Elektrode direkt am Ende der Sylvischen Fissur in den TPL einer jungen Epilepsiepatientin ein. Durch die Stimulation spürte die Patientin einen „Schatten“ hinter sich, der all ihre Handlungen nachahme, der aber auch einen eigenen Willen hätte – eine Art Geist. Interessanterweise berichten Patienten mit Schäden in dieser Region häufig von außerkörperlichen Erfahrungen. Manche beschreiben sogar, dass sie das Gefühl haben, über ihrem eigenen Körper zu schweben und sich selbst von außen zu beobachten.
Bedeutet dies, dass es eine Form von Geistern oder ein Bewusstsein gibt, das den Körper verlassen kann? Gänzlich ausschließen kann die Naturwissenschaft dies natürlich nicht, doch die wahrscheinlichere Erklärung ist, dass die TPL eine entscheidende Rolle bei der Vermittlung der Einheit von Körper und Geist spielt, indem sie Körperempfindungen und räumliches Bewusstsein integriert.
Die Wahrnehmung des eigenen Körpers
Der Mensch ist natürlicher Dualist: schon kleine Kinder erleben sich selbst – ihren Geist – getrennt vom Körper. Dieser intuitive Dualismus wurde von René Descartes (1596−1650) zu Beginn der Neuzeit mit der Beobachtung untermauert, dass er sich zwar den kleinen Finger abschneiden könne, aber immer noch René Descartes sei. Aus heutiger Sicht allerdings bilden Geist – oder besser gesagt Gehirn – und Körper eine Einheit. Dennoch stellt sich die entscheidende Frage: Wie kann das Gehirn all die verschiedenen Informationen aus Körper und Umwelt verarbeiten und in ein schlüssiges Erleben integrieren?
Die Haut verfügt über Rezeptoren für Temperatur und Schmerz, Tast- und Druckempfindungen. Die meisten dieser Signale erreichen das Gehirn über die so genannte protopathische Bahn. Die epikritische Bahn liefert feinere Tastempfindungen, dazu Informationen aus dem Bewegungsapparat, also über die Aktivität von Sehnen und Muskeln – und damit über die Position der einzelnen Körperteile. Dieser Sinn wird Propriozeption oder Eigenwahrnehmung genannt. Beide Bahnen laufen größtenteils über das Rückenmark und den Hirnstamm und kreuzen auf verschiedenen Ebenen auf die Gegenseite. Somit wird der Parietallappen von Signalen aus der, gegenüberliegenden, der kontralateralen Körperseite erreicht – der linke Parietallappen erhält Informationen der rechten Körperseite erhält und umgekehrt.
Der primäre somatosensorische Cortex und seine Funktionen
Im Parietallappen lassen sich zwei größere Areale unterscheiden. Das erste ist die primäre somatosensorische Rinde im Gyrus postcentralis – die direkte Projektionsstelle der protopathischen und der epikritischern Bahn. Wie auch im motorischen Cortex bleibt die somatotopische Anordnung erhalten und es ergibt sich eine neuronale Karte des Körpers. Die Größe des einzelnen Gebietes spiegelt dabei die Sensibilität der entsprechenden Struktur wider: Hand und Kopf sind jeweils sehr groß repräsentiert, da dort die Rezeptorendichte besonders hoch ist. Der restliche Körper ist eher klein abgebildet.
Läsionen im Gyrus postcentralis können ja nach Ausprägung in der neuronalen Karte zu einer eingeschränkten Empfindungsfähigkeit des repräsentierten Körperteils führen. Das betrifft Berührung, Druck und Temperatur. Leider wird die Schmerzempfindung am wenigsten beeinträchtigt.
Cortex
Großhirnrinde/Cortex cerebri/cerebral cortex
Cortex bezeichnet eine Ansammlung von Neuronen, typischerweise in Form einer dünnen Oberfläche. Meist ist allerdings der Cortex cerebri gemeint, die äußerste Schicht des Großhirns. Sie ist 2,5 mm bis 5 mm dick und reich an Nervenzellen. Die Großhirnrinde ist stark gefaltet, vergleichbar einem Taschentuch in einem Becher. So entstehen zahlreiche Windungen (Gyri), Spalten (Fissurae) und Furchen (Sulci). Ausgefaltet beträgt die Oberfläche des Cortex ca 1.800 cm2.
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Der posteriore parietale Cortex
Während die Propriozeption, die räumliche Wahrnehmung des eigenen Körpers, Aufgabe des primären somatosensorischen Cortex ist, bezieht der posteriore parietale Cortex die Umwelt mit ein. Hier werden propriozeptive, auditive, vestibuläre und visuelle Informationen integriert. Durch die Kombination dieser Informationen entsteht ein dreidimensionales Bild der Umwelt, das ständig aktualisiert wird. Dadurch hilft uns der posteriore parietale Cortex zu verstehen, wo wir uns in Bezug auf unsere Umgebung befinden und wie wir uns zielgerichtet und präzise darin bewegen können.
Diese Wahrnehmungsintegration klingt einfacher, als sie ist: wir unterhalten uns mit Freunden, während wir ihnen etwas zu essen anbieten: „Nein danke, kein Salat, aber gerne noch etwas Soße …“ Hier müssen zahlreiche Bewegungen – zum Beispiel die der Augen – mit auditiven und visuellen Inputs koordiniert werden. All das geschieht in einem Raum voller Objekte: Salatschüssel und -besteck, Teller und die große Pfeffermühle, die immer im Weg steht. Vom Gehirn ist also eine stimmige Abbildung von Körper und Außenwelt gefordert und diese wird entscheidend von den Assoziationscortices des posterioren parietalen Cortex geformt. Eine Besonderheit betrifft Zahlen – hier scheint der intraparietale Sulcus eine wichtige Rolle zu spielen.
Klinisch stellen sich Läsionen des posterioren Parietallappens auf vielfältige Weise dar – und haben aufgrund von Lateralisationseffekten besondere Auswirkungen: Ist die rechte Seite betroffen, kann es zu teils massiven Störungen der Orientierung kommen. Besonders auffällig sind die Folgen rechtsseitiger Läsionen des unteren Parietallappens – sie können zu einem so genannten Neglect führen: Betroffene nehmen dann große Teile des linken Gesichtsfeldes nicht mehr wahr, zeichnen beispielsweise nur noch die rechte Seite einer Uhr, essen nur, was rechts auf dem Teller liegt oder nehmen sogar die gesamte linke Körperhälfte nicht mehr wahr. In seltenen Fällen berichten Patienten sogar davon, ein „fremdes Bein“ im Bett zu finden. Schädigungen in der dominanten, also meist der linken Hemisphäre können zu einer Apraxie führen: Die Patienten sind nicht mehr in der Lage, gelernte Bewegungsabläufe wie z.B. das Servieren von Salat auszuführen. Je nach Ort und Umfang der Läsion können auch mathematische Defizite auftreten, bis hin zum Verlust des abstrakten Denkens.
Cortex
Großhirnrinde/Cortex cerebri/cerebral cortex
Cortex bezeichnet eine Ansammlung von Neuronen, typischerweise in Form einer dünnen Oberfläche. Meist ist allerdings der Cortex cerebri gemeint, die äußerste Schicht des Großhirns. Sie ist 2,5 mm bis 5 mm dick und reich an Nervenzellen. Die Großhirnrinde ist stark gefaltet, vergleichbar einem Taschentuch in einem Becher. So entstehen zahlreiche Windungen (Gyri), Spalten (Fissurae) und Furchen (Sulci). Ausgefaltet beträgt die Oberfläche des Cortex ca 1.800 cm2.
Apraxie
Apraxie/-/apraxia
Schwierigkeit, eine zielgerichtete Bewegung auszuführen, wie das Greifen eines Glases oder das Schneiden mit der Schere. Je nach Form der Apraxie können aber auch die Sprache oder die Mimik betroffen sein. Ursache ist nicht Muskelschwäche oder Lähmung, sondern die Schädigung eines oder mehrerer Hirnareale, z.B. als Folge eines Schlaganfalls. In anderen Fällen ist sie hingegen bereits angeboren.
Erstveröffentlichung am 09.09.2011
Letzte Aktualisierung am 15.08.2025