Wie gestörte Signalwege epileptische Anfälle begünstigen könnten

Die fokale kortikale Dysplasie (FCD) Typ 2 ist eine angeborene Fehlbildung der Großhirnrinde, die häufig mit einer schwer behandelbaren Epilepsie einhergeht. In den betroffenen Arealen sind Nervenzellen und ihre Schichtstrukturen untypisch angeordnet, was eine medikamentöse Therapie oft erschwert. Ein Forschungsteam des Universitätsklinikums Bonn (UKB) und der Universität Bonn hat nun, in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen e.V. (DZNE), Hinweise auf tiefgreifende Veränderungen im Dopamin-System bei FCD Typ 2 gefunden. Die Ergebnisse sind nun in der medizinischen Fachzeitschrift „Brain“ veröffentlicht worden.
Veröffentlicht: 15.04.2025
Dopamin
Dopamin/-/dopamine
Dopamin ist ein wichtiger Botenstoff des zentralen Nervensystems, der in die Gruppe der Catecholamine gehört. Es spielt eine Rolle bei Motorik, Motivation, Emotion und kognitiven Prozessen. Störungen in der Funktion dieses Transmitters spielen eine Rolle bei vielen Erkrankungen des Gehirns, wie Schizophrenie, Depression, Parkinsonsche Krankheit, oder Substanzabhängigkeit.
Hinweise auf gestörte Modulation im sich entwickelnden Kortex
„Unsere Daten deuten auf ein gestörtes dopaminerges System bei FCD Typ 2 hin“, erklärt Norisa Meli, Doktorandin der Universität Bonn am Institut für Rekonstruktive Neurobiologie des UKB und Erstautorin der Studie. „Auffällig war dabei insbesondere die deutlich erhöhte Expression dopaminerger Rezeptoren in den Neuronen, die eine zentrale Rolle im Krankheitsgeschehen spielen.“
Diese Veränderungen könnten eine Rolle bei der Entstehung epileptischer Anfälle spielen – und möglicherweise auch erklären, warum viele Betroffene zusätzlich unter Konzentrationsproblemen oder Stimmungsschwankungen leiden.
„Dopamin moduliert die Erregbarkeit neuronaler Netzwerke sowie deren Ausbildung im sich entwickelnden Kortex“, betont Prof. Sandra Blaess, Professorin für Neuroentwicklung am UKB und Mitglied im TRA „Life & Health“ der Universität Bonn. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass diese Modulation bei FCD Typ 2 möglicherweise gestört ist – ein bislang kaum untersuchter Aspekt.“
Prof. Albert Becker, Abteilungsleiter am Institut für Zelluläre Neurowissenschaften II des UKB und ebenfalls Mitglied im TRA „Life & Health“ der Universität Bonn, ergänzt: „Diese Erkenntnisse erweitern unser Verständnis der komplexen Neuropathologie von Dysplasien. Sie liefern wichtige Anhaltspunkte für neue potenzielle Therapieansätze, die über die reine Kontrolle der Anfälle hinausgehen könnten.“
Die Studie kombiniert umfassende molekulare Analysen menschlicher Gewebeproben mit einem präklinischen Mausmodell, das die genetischen Veränderungen bei FCD Typ 2 abbildet. Die Forschenden hoffen, mit diesen Ergebnissen langfristig zu gezielteren und wirksameren Behandlungsstrategien beitragen zu können.
Rezeptor
Rezeptor/-/receptor
Signalempfänger in der Zellmembran. Chemisch gesehen ein Protein, das dafür verantwortlich ist, dass eine Zelle ein externes Signal mit einer bestimmten Reaktion beantwortet. Das externe Signal kann beispielsweise ein chemischer Botenstoff (Transmitter) sein, den eine aktivierte Nervenzelle in den synaptischen Spalt entlässt. Ein Rezeptor in der Membran der nachgeschalteten Zelle erkennt das Signal und sorgt dafür, dass diese Zelle ebenfalls aktiviert wird. Rezeptoren sind sowohl spezifisch für die Signalsubstanzen, auf die sie reagieren, als auch in Bezug auf die Antwortprozesse, die sie auslösen.
Originalpublikation
Norisa Meli et al.: Alterations in dopaminergic innervation and receptors in focal cortical dysplasia; DOI: https://doi.org/10.1093/brain/awaf080