Steckbrief Heroin

Steckbrief Heroin

Wie wirkt Heroin? Das schmerzstillende Opioid stimuliert eine eigene Klasse von Botenstoff-​Rezeptoren in vielen Regionen des Gehirns. Es macht extrem abhängig.

Wissenschaftliche Betreuung: Dr. Stefan Gutwinski

Veröffentlicht: 27.05.2015

Niveau: schwer

Das Wichtigste in Kürze
  • Heroin und Morphin sind Opioide, die auf Opiod-Rezeptoren wirken. Sie sind stark schmerzstillend
  • Heroin wird im Gehirn zu Morphin umgewandelt, das für die meisten Effekte im Körper verantwortlich ist
  • Heroin und Morphin wirken auf das Belohnungssystem. Es kommt zu einer starken Dopaminfreisetzung und großer Euphorie.
  • Heroin macht stark süchtig, sowohl psychisch als auch körperlich. Bei Abstinenz kommt es zu heftigen Entzugserscheinungen.
  • Beide Substanzen verursachen schwerwiegende Langzeitschäden, die zu körperlicher und geistiger Verwahrlosung führen.
  • Weil Heroin oft gestreckt wird, kann man nie wissen, welchen Wirkstoffgehalt eine Dosis hat. Es kann leicht zu tödlichen Überdosierungen kommen


Heroin ist ein halbsynthetisches Opioid, das aus der Mohnpflanze gewonnen wird. Es ist ein Derivat des Morphins, des wichtigsten Alkaloids des Opiums. Heroin ist ein Kunstname, die chemische Bezeichnung lautet Diacetylmorphin. Das weiße bis leicht bräunliche Pulver kann geschnupft, geraucht oder in Wasser gelöst in die Vene gespritzt werden; Besitz und Handel sind illegal.

Pharmakologische Wirkung

Heroin ist fettlöslich und passiert sehr gut die Blut-​Hirn-​Schranke. Im Körper wird es innerhalb weniger Minuten in das Alkaloid Morphin und in einige anderes Stoffe umgewandelt. Das Morphin wiederum verursacht die meisten Wirkungen der Droge. Es bleibt mehrere Stunden aktiv.

Morphin aktiviert so genannte Opioid-​Rezeptoren. Diese kommen im Gehirn, im Rückenmark und im peripheren Nervensystem vor und interagieren eigentlich mit den körpereigenen Endorphinen, einer Gruppe von Botenstoffen. Dockt das Morphin statt der Endorphine an den Rezeptoren an, löst dies im Zellinneren eine Kaskade von Reaktionen aus, an deren Ende es zu einer Hemmung des Neurons kommt. Indirekt regt Morphin auf diese Weise auch die Dopaminproduktion im ventralen Tegmentum an, weil es andere Nervenzellen daran hindert, den dämpfenden Botenstoff GABA auszuschütten. Die verstärkte Freisetzung des Dopamins verursacht vermutlich die Euphorie nach dem Gebrauch von Heroin. Diese wird zusätzlich verstärkt durch die Wirkung auf Opioid-​Rezeptoren im limbischen System.

Im Hirnstamm und im Rückenmark spielen Opioid-​Rezeptoren eine wichtige Rolle in Verarbeitung und Weiterleitung von Schmerzen. Deshalb wirkt Heroin stark schmerzlindernd. In anderen Regionen sind sie an der Atemkontrolle beteiligt, weshalb eine Überdosis zu Atemstillstand führen kann.

Morphin

Morphin/-/morphine

Morphin ist je nach Dosis ein potentes Schmerzmittel oder eine bewusstseinsverändernde Droge. Synthetisiert aus dem Samen der Mohnblume und benannt nach dem griechischen Gott des Traumes bindet Morphin an die Opioidrezeptoren des Gehirns.

Rückenmark

Rückenmark/Medulla spinalis/spinal cord

Das Rückenmark ist der Teil des zentralen Nervensystems, das in der Wirbelsäule liegt. Es verfügt sowohl über die weiße Substanz der Nervenfasern, als auch über die graue Substanz der Zellkerne. Einfache Reflexe wie der Kniesehnenreflex werden bereits hier verarbeitet, da sensorische und motorische Neuronen direkt verschaltet sind. Das Rückenmark wird in Zervikal-​, Thorakal-​, Lumbal und Sakralmark unterteilt.

Endorphine

Endorphine/-/endorphins

Abkürzung für endogene Morphine, also für Morphine, die vom Körper selbst gebildet werden. Sie spielen eine wichtige Rolle bei der Unterdrückung und Linderung von Schmerzen. Auch an Euphorie (Hochgefühl) sind sie beteiligt.

Rezeptor

Rezeptor/-/receptor

Signalempfänger in der Zellmembran. Chemisch gesehen ein Protein, das dafür verantwortlich ist, dass eine Zelle ein externes Signal mit einer bestimmten Reaktion beantwortet. Das externe Signal kann beispielsweise ein chemischer Botenstoff (Transmitter) sein, den eine aktivierte Nervenzelle in den synaptischen Spalt entlässt. Ein Rezeptor in der Membran der nachgeschalteten Zelle erkennt das Signal und sorgt dafür, dass diese Zelle ebenfalls aktiviert wird. Rezeptoren sind sowohl spezifisch für die Signalsubstanzen, auf die sie reagieren, als auch in Bezug auf die Antwortprozesse, die sie auslösen.

Hemmung

Hemmung/-/inhibition

Die neuronale Inhibition, oder auch Hemmung umschreibt das Phänomen, dass ein Senderneuron einen Impuls zum Empfängerneuron sendet, der bei diesem dazu führt, dass seine Aktivität herabgesetzt wird. Der wichtigste hemmende Botenstoff ist GABA.

Tegmentum

Tegmentum/-/tegmentum

Tegmentum (von lateinischen „tegere“ „bedecken“). Es handelt sich um den rückwärtigen, unter dem Aquädukt gelegenen Teil des Mittelhirns. Hier finden sich Kerne wie die Substantia nigra, Formatio reticularis, Hirnnervenkerne und der Nucleus ruber.

Neuron

Neuron/-/neuron

Das Neuron ist eine Zelle des Körpers, die auf Signalübertragung spezialisiert ist. Sie wird charakterisiert durch den Empfang und die Weiterleitung elektrischer oder chemischer Signale.

GABA

GABA/-/GABA

GABA ist eine Aminosäure und der wichtigste inhibitorische, also hemmende Neurotransmitter, der bei der Informationsübertragung zwischen Neuronen an deren Synapsen als Botenstoff dient.

Dopamin

Dopamin/-/dopamine

Dopamin ist ein wichtiger Botenstoff des zentralen Nervensystems, der in die Gruppe der Catecholamine gehört. Es spielt eine Rolle bei Motorik, Motivation, Emotion und kognitiven Prozessen. Störungen in der Funktion dieses Transmitters spielen eine Rolle bei vielen Erkrankungen des Gehirns, wie Schizophrenie, Depression, Parkinsonsche Krankheit, oder Substanzabhängigkeit.

Hirnstamm

Hirnstamm/Truncus cerebri/brainstem

Der „Stamm“ des Gehirns, an dem alle anderen Gehirnstrukturen sozusagen „aufgehängt“ sind. Er umfasst – von unten nach oben – die Medulla oblongata, die Pons und das Mesencephalon. Nach unten geht er in das Rückenmark über.

Effekte auf Körper und Psyche

Wer Heroin oder Morphin nimmt, fühlt sich ruhig und euphorisch. Ängste treten in den Hintergrund, Schmerzen werden gelindert, Probleme nicht mehr wahrgenommen. Der Konsument fühlt sich glücklich, sein Bewusstsein ist stark gedämpft. Da Heroin im Körper rasch zu Morphin umgewandelt wird, stammen die meisten Effekte, die Konsumenten spüren, von Morphin. Dennoch macht Heroin schneller und stärker süchtig als direkt gespritztes Morphin, da es stärker wirkt und die Blut-​Hirn-​Schranke schneller passiert.

Heroin macht stark abhängig, sowohl psychisch als auch körperlich. Grund hierfür ist die schnelle und massive Freisetzung von Dopamin im Belohnungssystem, die zu der euphorischen Wirkung beiträgt.

Morphin

Morphin/-/morphine

Morphin ist je nach Dosis ein potentes Schmerzmittel oder eine bewusstseinsverändernde Droge. Synthetisiert aus dem Samen der Mohnblume und benannt nach dem griechischen Gott des Traumes bindet Morphin an die Opioidrezeptoren des Gehirns.

Dopamin

Dopamin/-/dopamine

Dopamin ist ein wichtiger Botenstoff des zentralen Nervensystems, der in die Gruppe der Catecholamine gehört. Es spielt eine Rolle bei Motorik, Motivation, Emotion und kognitiven Prozessen. Störungen in der Funktion dieses Transmitters spielen eine Rolle bei vielen Erkrankungen des Gehirns, wie Schizophrenie, Depression, Parkinsonsche Krankheit, oder Substanzabhängigkeit.

Mögliche therapeutische Effekte

Heroin und Morphin werden in einigen Ländern immer noch bei starken Tumorschmerzen eingesetzt.

Morphin

Morphin/-/morphine

Morphin ist je nach Dosis ein potentes Schmerzmittel oder eine bewusstseinsverändernde Droge. Synthetisiert aus dem Samen der Mohnblume und benannt nach dem griechischen Gott des Traumes bindet Morphin an die Opioidrezeptoren des Gehirns.

Risiken

Heroin hat ein sehr starkes Suchtpotenzial. Langzeitkonsumenten brauchen zwischen 0,5 und 3 Gramm Heroin am Tag. Wird die Droge abgesetzt, kommt es zu massiven Entzugserscheinungen wie Schwindel, Durchfall, Übelkeit, Erbrechen, Schweißausbrüchen, Schlaflosigkeit und extrem starken Schmerzen. Wird Heroin langfristig eingenommen, schwächt dies das Immunsystem. Der Süchtige wird anfällig für Infektionen. Weil im Körper Histamine ausgeschüttet werden, löst die Droge starken Juckreiz aus. Schmerzen werden stärker wahrgenommen, was dazu führt, dass immer höhere Heroindosen konsumiert werden. Opioide beeinflussen zahlreiche Hormone und können Potenz und Menstruation stören. Das Verdauungssystem wird beeinträchtigt.

Langzeitkonsumenten leiden unter einer Vielzahl von Folgeerscheinungen. Der Gebrauch oft nicht steriler Spritzen führt zu Abszessen und schweren Venenschädigungen, das Risiko steigt, sich mit HIV und Hepatitiv zu infizieren. Deshalb haben Heroinabhängige im Vergleich zur Normalbevölkerung ein 63-​fach erhöhtes Risiko zu sterben. Auch sozial verelenden viele Abhängige. Nicht wenige werden kriminell oder prostituieren sich, um die Droge zu finanzieren. Zudem werden Heroinabhängige als „Junkies“ sozial stigmatisiert.

Eine tödliche Überdosis – der so genannte Goldene Schuss – ist leicht möglich. Sie tritt vor allem durch Atemlähmung ein, aber auch durch Verlangsamung des Herzschlags, Hirnschwellung oder einen Blutstau in der Lunge. Solche Überdosierungen sind meist unbeabsichtigt und Folge des illegalen und unkontrollierten Handels: Wer Heroin kauft, weiß nicht, wie viel Wirkstoff tatsächlich darin enthalten ist. Denn die Droge wird oft mit Zusatzstoffen gestreckt, zum Beispiel mit Puderzucker, Backpulver – oder Rattengift. Der Süchtige kann deshalb nicht abschätzen, wie viel und was er sich gerade spritzt oder welche Nebenwirkungen die Zusatzstoffe entwickeln können.

Heroin kann durch die Plazentaschranke und in die Muttermilch gelangen. Während der Schwangerschaft führt es zu schwerer Abhängigkeit beim Fötus mit anschließenden schweren Entzugserscheinungen beim Neugeborenen. Es gibt Hinweise dafür, dass Konsum während der Schwangerschaft zu leichter Beeinträchtigung der Intelligenz der Kinder führt.

Intelligenz

Intelligenz/-/intelligence

Sammelbegriff für die kognitive Leistungsfähigkeit des Menschen. Dem britischen Psychologen Charles Spearman zufolge sind kognitive Leistungen, die Menschen auf unterschiedlichen Gebieten erbringen, mit einem Generalfaktor (g-​Faktor) der Intelligenz korreliert. Demnach lasse sich die Intelligenz durch einen einzigen Wert ausdrücken. Hierzu hat u.a. der US-​Amerikaner Howard Gardner ein Gegenkonzept entwickelt, die „Theorie der multiplen Intelligenzen“. Dieser Theorie zufolge entfaltet sich die Intelligenz unabhängig voneinander auf folgenden acht Gebieten: sprachlich-​linguistisch, logisch-​mathematisch, musikalisch-​rhythmisch, bildlich-​räumlich, körperlich-​kinästhetisch, naturalistisch, intrapersonal und interpersonal.

Trivia

Schlafmohn ist seit Jahrtausenden als Heilmittel bekannt. Im 17. Jahrhundert kam in China das Rauchen von Opium in Mode – in den „Opiumhöhlen“ strandeten unzählige Süchtige. China reagierte mit gesetzlichen Beschränkungen und Zöllen. Die Briten, die mit der Droge handelten, zwangen China in der Folge zur Opiumeinfuhr, was zu zwei „Opiumkriegen“ führte.

1806 isolierte Friedrich Wilhelm Sertümer den Hauptwirkstoff Morphin. Als im deutsch-​französischen Krieg von 1870/​71 Morphin als Schmerzmittel eingesetzt wurde, machte es viele Soldaten süchtig. Daher suchte man nach einer Alternative. Die Firma Bayer brachte 1898 die vermeintliche Lösung auf den Markt: Heroin. Es diente nicht nur als Morphin-​Ersatz, sondern wurde auch als Hustenmittel bei Tuberkulose und Keuchhusten eingesetzt, bis es zunächst als verschreibungspflichtiges Betäubungsmittel eingestuft und letztlich verboten wurde.

Morphin

Morphin/-/morphine

Morphin ist je nach Dosis ein potentes Schmerzmittel oder eine bewusstseinsverändernde Droge. Synthetisiert aus dem Samen der Mohnblume und benannt nach dem griechischen Gott des Traumes bindet Morphin an die Opioidrezeptoren des Gehirns.

Zum Weiterlesen:

  • Kaffee, Käse, Karies… Biochemie im Alltag, hg von Jan Koolman, Hans Moeller, Klaus-​Heinrich Röhm, Wiley-​VCH, Weinheim (2003)
  • Handbuch der Rauschdrogen, Wolfgang Schmidbauer, Jürgen vom Scheidt, Fischer Verlag, Frankfurt am Main (2004)

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