Steckbrief Ecstasy (MDMA)

Steckbrief Ecstasy (MDMA)

Wie wirkt Ecstasy? Das auch als MDMA bekannte Stimulans führt zur Freisetzung mehrerer Botenstoffe. Doch nach der namensgebenden Ekstase kann es bei wiederholtem Konsum zu langfristigen Folgen kommen.

Wissenschaftliche Betreuung: Dr. Tomislav Majic

Veröffentlicht: 24.05.2015

Niveau: schwer

Das Wichtigste in Kürze
  • MDMA (Ecstasy) ist ein Amphetamin-Abkömmling, das aus dem ätherischen Öl der Muskatnuss gewonnen werden kann, meist aber synthetisch hergestellt wird.
  • MDMA sorgt im Körper für die Ausschüttung von Serotonin, Noradrenalin und Dopamin aus den Nervenzellendigungen. Gleichzeitig blockiert es die Wiederaufnahme von Botenstoffen und reduziert die für die Wiederaufnahme wichtigen Strukturen. Für die Wirkung maßgeblich ist der Effekt auf Serotonin.
  • MDMA macht euphorisch, lässt Emotionen intensiver erscheinen, steigert Selbstvertrauen und Redebedürfnis und körperliche Leistungsbereitschaft, reduziert aber die Wahrnehmung von Körpersignalen wie Durst oder Erschöpfung.
  • MDMA schädigt die Zellen, es kann zu Gedächtnisstörungen, Depressionen und psychotischen Episoden führen, durch exzessive körperliche Aktivität zu Flüssigkeits- und Elektrolytverlusten, durch letzteres zu epileptischen Anfällen und Herzrhythmusstörungen, auch mit Todesfolge.
  • Oft werden Ecstasy-Pillen mit günstigen Zusatzstoffen gestreckt, die bisweilen giftig sein können.

Serotonin

Serotonin/-/serotonin

Ein Neurotransmitter, der bei der Informationsübertragung zwischen Neuronen an deren Synapsen als Botenstoff dient. Er wird primär in den Raphé-​Kernen des Mesencephalons produziert und spielt eine maßgebliche Rolle bei Schlaf und Wachsamkeit, sowie der emotionalen Befindlichkeit.

Das unter dem Namen Ecstasy bekannte Psychostimulans 3,4-Methylendioxy–N–methylamphetamin (MDMA) ist ein Abkömmling des Amphetamins und kann aus Safrol, dem ätherischen Öl der Muskatnuss gewonnen werden. Meist wird es jedoch synthetisch hergestellt. Es ist ein weißliches Pulver, das in Tablettenform oder als MDMA-​Kristalle angeboten wird, die man vom Finger lutscht. Es kann auch in Getränken gelöst oder geschnupft werden. Oft ist das Ecstasy mit anderen Substanzen gestreckt. Handel und Besitz sind illegal.

Pharmakologische Wirkung

MDMA durchdringt leicht die Blut-​Hirn-​Schranke und flutet etwa 30 Minuten nach der Einnahme ins zentrale Nervensystem. Die übliche Dosis liegt bei etwa 80 bis 150 Milligramm. Im zentralen Nervensystem führt MDMA zur Freisetzung von Botenstoffen aus den Nervenzellendigungen in den synaptischen Spalt, hauptsächlich von Serotonin, aber auch Noradrenalin und Dopamin. Dies geschieht im Gegensatz zu anderen psychoaktiven Substanzen auch ohne vorangegangenen Nervenimpuls. Zusätzlich zur Freisetzung blockiert MDMA die Wiederaufnahme der ausgeschütteten Botenstoffe in die Zelle und reduziert die für die Wiederaufnahme verantwortlichen Transportstrukturen. So kommt es innerhalb der Zellen zu einem starken Serotoninmangel. Weil es Zeit braucht, bis die Transportstrukturen wieder neu gebildet und in die Zellmembran eingebaut werden, manipuliert MDMA bei wiederholtem Gebrauch den Botenstoffkreislauf im Gehirn.

Noradrenalin

Noradrenalin/-/noradranalin

Gehört neben Dopamin und Adrenalin zu den Catecholaminen. Es wird im Nebennierenmark und in Zellen des Locus coeruleus produziert und wirkt meist anregend. Noradrenalin wird oft mit Stress in Verbindung gebracht.

Dopamin

Dopamin/-/dopamine

Dopamin ist ein wichtiger Botenstoff des zentralen Nervensystems, der in die Gruppe der Catecholamine gehört. Es spielt eine Rolle bei Motorik, Motivation, Emotion und kognitiven Prozessen. Störungen in der Funktion dieses Transmitters spielen eine Rolle bei vielen Erkrankungen des Gehirns, wie Schizophrenie, Depression, Parkinsonsche Krankheit, oder Substanzabhängigkeit.

Effekte auf Körper und Psyche

Etwa 30 bis 45 Minuten nach der Einnahme von MDMA setzt die Wirkung ein. Das Herz schlägt schneller, Blutdruck und Körpertemperatur steigen. Gleichzeitig kommt es zu Euphorie, gesteigertem Selbstvertrauen und einem intensiven Mitteilungsbedürfnis. Die körperliche Leistungsfähigkeit steigt, weshalb Ecstasy-​Konsumenten auf Partys häufig ausdauernd tanzen. Es kann zu veränderter Wahrnehmung von Tönen und Farben, bei sehr hohen Dosen auch zu leichten Halluzinationen kommen.

Ecstasy wirkt als so genanntes Entaktogen, das heißt, es lässt die eigenen Emotionen intensiver erscheinen. Das fördert die Bereitschaft und die Fähigkeit, sich mit den eigenen Problemen zu beschäftigen, aber auch das Gefühl von Nähe zu anderen („Empathogen“). MDMA schränkt zugleich die Wahrnehmung von körperlichen Alarmsignalen wie Durst, Hunger, Müdigkeit und Schmerzen stark ein.

Lässt die Wirkung nach, folgen eine allgemeine Erschöpfung und bisweilen auch depressive Phasen von mehreren Tagen Dauer – der so genannte Ecstasy-​Kater. Ursache hierfür sind die entleerten Serotoninspeicher im Gehirn. Nimmt man in diesem Zeitraum erneut Ecstasy, wirkt es deutlich schlechter, man braucht also höhere Dosierungen. Es dauert mehrere Tage, bis der Körper die Serotoninspeicher wieder aufgefüllt hat und diese funktionstüchtig sind. Neben Depression kann MDMA auch schwere Angststörungen auslösen. Die Substanz kann in seltenen Fällen psychisch abhängig machen.

Wahrnehmung

Wahrnehmung/Perceptio/perception

Der Begriff beschreibt den komplexen Prozess der Informationsgewinnung und –verarbeitung von Reizen aus der Umwelt sowie von inneren Zuständen eines Lebewesens. Das Gehirn kombiniert die Informationen, die teils bewusst und teils unbewusst wahrgenommen werden, zu einem subjektiv sinnvollen Gesamteindruck. Wenn die Daten, die es von den Sinnesorganen erhält, hierfür nicht ausreichen, ergänzt es diese mit Erfahrungswerten. Dies kann zu Fehlinterpretationen führen und erklärt, warum wir optischen Täuschungen erliegen oder auf Zaubertricks hereinfallen.

Emotionen

Emotionen/-/emotions

Unter „Emotionen“ verstehen Neurowissenschaftler psychische Prozesse, die durch äußere Reize ausgelöst werden und eine Handlungsbereitschaft zur Folge haben. Emotionen entstehen im limbischen System, einem stammesgeschichtlich alten Teil des Gehirns. Der Psychologe Paul Ekman hat sechs kulturübergreifende Basisemotionen definiert, die sich in charakteristischen Gesichtsausdrücken widerspiegeln: Freude, Ärger, Angst, Überraschung, Trauer und Ekel.

Depression

Depression/-/depression

Phasenhaft auftretende psychische Erkrankung, deren Hauptsymptome die traurige Verstimmung sowie der Verlust von Freude, Antrieb und Interesse sind.

Möglicher therapeutischer Nutzen

Wegen der gesteigerten Offenheit und Sensibilität unter der Wirkung von MDMA wurde es kurzfristig psychotherapeutisch verwendet; in der Schweiz bis 1994. Aktuell gibt es klinische Studien zur Behandlung von Posttraumatischer Belastungsstörung und Tinnitus.

Belastungsstörung

Belastungsstörung/-/stress disorder

Als Belastungsstörung wird in der Psychologie die pathologische Reaktion auf dauerhaften oder kurzfristig sehr hohen Stress bezeichnet. Unterschieden werden die akute Belastungsstörung – oft als Nervenzusammenbruch bezeichnet – und die posttraumatische Belastungsstörung nach einem traumatischen Erlebnis. Sie kann noch lange Zeit nach dem eigentlichen Stressereignis schwerwiegende Folgen haben.

Risiken

MDMA kann psychisch abhängig machen. Die Gefahr einer körperlichen Abhängigkeit ist dagegen vergleichsweise gering, wohl auch, weil es nur selten täglich eingenommen wird. Problematisch ist hingegen der Kreislauf aus mehrtägigem Konsum mit Gefühlen der Euphorie am Wochenende, der eine Woche folgt, die als zunehmend belastend empfunden und teilweise nur noch „ertragen“ wird, um am Wochenende unter der Droge wieder „aufzublühen“.

Bei zu hohen Dosen werden Konsumenten zunehmend unruhig. Sie schwitzen stark, der Blutdruck steigt stark an und das Herz rast. Typisch sind auch Muskelkrämpfe, besonders im Bereich des Kiefers.

Die höchste Gefahr liegt in Elektrolyt– und Flüssigkeitsverlusten durch exzessive körperliche Betätigung wie zum Beispiel ausdauerndes Tanzen, die zu Körpertemperaturen über 41°C, zum Zusammenbruch und zum Tod führen können. Dies gilt besonders, wenn MDMA in Kombination mit Alkohol eingenommen wird. Menschen mit Herzschwäche, Bluthochdruck, Zuckerkrankheit, Epilepsie und Grünem Star haben hierbei ein erhöhtes Risiko. Die Elektrolytverluste können zu epileptischen Anfällen führen. Da der Effekt durch Östrogen verstärkt wird, betrifft dies häufiger Frauen als Männer. Auch Herzrhythmusstörungen können auftreten. Es kann, wenn auch seltener, zu akutem Leberversagen kommen, zur Auflösung quergestreifter Muskelfasern oder zu einer Störung der Blutgerinnung mit Neigung zu Blutungen.

Da sich mit dem akut erhöhten Serotoninspiegel die Blutgefäße verengen, kann das die Versorgung der Nervenzellen mit Nährstoffen erschweren und somit zum Niedergang der Nervenzellen führen. MDMA schädigt auch direkt Nervenzellen, die Serotonin als Botenstoff nutzen, indem es die Strukturen zur Wiederaufnahme von Serotonin verändert. In Tierexperimenten konnte gezeigt werden, dass sich durch MDMA geschädigte Nervenzellfortsätze im Hypothalamus und in der Amygdala teilweise regenerieren. Das geschah allerdings kaum im Hippocampus, einer Hirnregion, die für das Gedächtnis wichtig ist. Mehrere Studien, die das Gedächtnis untersuchten, wiesen bei MDMA-​Konsumenten Störungen in der mittelfristigen Merkfähigkeit und der Lernleistung nach. Diese Beeinträchtigungen hingen mit der Dauer und der Häufigkeit des MDMA-​Konsums zusammen. Allerdings könnten auch Gelegenheitskonsumenten davon betroffen sein.

Weil die Herstellung von MDMA aufwändig ist, werden den Pillen oft kostengünstige Zusatzstoffe beigemischt. Aus diesem Grund ist die Wirkung von Ecstasy nicht vorhersehbar; es wurde von Todesfällen aufgrund giftiger Zusatzstoffe berichtet.

Neuron

Neuron/-/neuron

Das Neuron ist eine Zelle des Körpers, die auf Signalübertragung spezialisiert ist. Sie wird charakterisiert durch den Empfang und die Weiterleitung elektrischer oder chemischer Signale.

Serotonin

Serotonin/-/serotonin

Ein Neurotransmitter, der bei der Informationsübertragung zwischen Neuronen an deren Synapsen als Botenstoff dient. Er wird primär in den Raphé-​Kernen des Mesencephalons produziert und spielt eine maßgebliche Rolle bei Schlaf und Wachsamkeit, sowie der emotionalen Befindlichkeit.

Hypothalamus

Hypothalamus/-/hypothalamus

Der Hypothalamus gilt als das Zentrum des autonomen Nervensystems, er steuert also viele motivationale Zustände und kontrolliert vegetative Aspekte wie Hunger, Durst oder Sexualverhalten. Als endokrine Drüse (die – im Gegensatz zu einer exokrinen Drüse – ihre Hormone ohne Ausführungsgang direkt ins Blut abgibt) produziert er zahlreiche Hormone, die teilweise die Hypophyse hemmen oder anregen, ihrerseits Hormone ins Blut abzugeben. In dieser Funktion spielt er auch bei der Reaktion auf Schmerz eine wichtige Rolle und ist in die Schmerzmodulation involviert.

Amygdala

Amygdala/Corpus amygdaloideum/amygdala

Ein wichtiges Kerngebiet im Temporallappen, welches mit Emotionen in Verbindung gebracht wird: es bewertet den emotionalen Gehalt einer Situation und reagiert besonders auf Bedrohung. In diesem Zusammenhang wird sie auch durch Schmerzreize aktiviert und spielt eine wichtige Rolle in der emotionalen Bewertung sensorischer Reize. Die Amygdala – zu Deutsch Mandelkern – wird zum limbischen System gezählt.

Gedächtnis

Gedächtnis/-/memory

Gedächtnis ist ein Oberbegriff für alle Arten von Informationsspeicherung im Organismus. Dazu gehören neben dem reinen Behalten auch die Aufnahme der Information, deren Ordnung und der Abruf.

Trivia

Der Pharmakonzern Merck meldete MDMA 1912 als Nebenprodukt eines Herstellungsverfahrens zum Patent an. Die Entwicklung und Verwendung als Appetitzügler jedoch ist ein Gerücht.

In den 1960er Jahren arbeitete der Chemiker Alexander Shulgin beim amerikanischen Konzern Dow Chemicals mit psychoaktiven Substanzen. Er gilt als erster Mensch, der MDMA einnahm und in der Folge für die Verbreitung als Droge und Therapeutikum verantwortlich war.

In den 1960er Jahren erlebte MDMA ein kurzes Hoch als „Love drug“ unter Hippies, aber erst durch die aufkommende Techno-​Kultur Ende der 1980er, Anfang der 1990er Jahre verbreitete es sich stark.

zum Weiterlesen:

  • Koolman, J. et al.: Kaffee, Käse, Karies… Biochemie im Alltag, Weinheim 2009 (zum Text).
  • Schmidbauer, W./Vom Scheidt, J.: Handbuch der Rauschdrogen, Frankfurt am Main (2004).
  • Wellhöner, H.: Pharmakologie und Toxikologie, Lindhöft (2014) (zum Text).
  • Kurzlehrbuch Pharmakologie und Toxikologie, hg von Thomas Herdegen, Stuttgart 2014 (zum Text).
  • Principles of Neural Science, Fifth Edition, hg von Eric Kandel u.a., McGraw Hill, New York 2013.
  • Lexikon der Neurowissenschaft, Spektrum Akademischer Verlag, Berlin 2000.
  • Drug​com​.de; URL: http://​www​.drug​com​.de/​t​o​p​t​h​e​m​a​/​a​p​r​i​l​-​2​0​1​1​-​e​c​s​t​a​s​y​-​e​i​n​e​-​g​e​s​c​h​i​c​h​t​e​-​m​i​t​-​u​m​w​egen/ (Stand 17.4.15); zur Webseite.
  • Wikipedia; URL: https://​de​.wikipedia​.org/​w​i​k​i​/MDMA (Stand 15.4.15); zur Webseite.
  • De la Torre R. et al.: Human pharmacology of MDMA: pharmacokinetics, metabolism, and disposition. Ther Drug Monit. 2004 Apr;26(2):137 – 44 (zum Volltext).

No votes have been submitted yet.

Themen

Autor

Wissenschaftliche Betreuung

Lizenzbestimmungen

Dieser Inhalt ist unter folgenden Nutzungsbedingungen verfügbar.

BY-NC: Namensnennung, nicht kommerziell