Frage an das Gehirn

Woran sterben Alzheimer-Patienten eigentlich?

Fragesteller/in: ML aus S

Veröffentlicht: 30.08.2020

Die Alzheimer-Erkrankung ist ein fortschreitender Verfall des Gehirns. Das Gedächtnis schwindet. Aber was führt letztlich zum Tod der Betroffenen?

Die Antwort der Redaktion lautet:

Prof. Dr. Stefan Teipel, Leiter der Klinischen Forschung am Standort Rostock/Greifswald – Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen: Die Alzheimer-Erkrankung ist eine neurodegenerative Krankheit, bei der die Nervenzellen im Gehirn nachhaltig geschädigt werden und absterben. Der Krankheitsverlauf weist dabei eine gewisse Systematik auf.

Typischerweise beginnt die Erkrankung in den gedächtnisrelevanten Arealen, also im medialen Temporallappen und im Hippocampus. Von dort aus breitet sich die Neurodegeneration auf den übrigen Hirnmantel aus, wobei die Regionen, die primär für die Motorik verantwortlich sind, sowie die Sehrinde in der Regel lange erhalten bleiben. Die eingeschränkte Fähigkeit, neue Dinge zu lernen, auch anterograde Gedächtnisstörung genannt, ist dementsprechend eines der ersten Symptome. Das Gedächtnis insbesondere für kurz zurückliegende Inhalte baut ab. Ebenfalls früh betroffen ist der Parietallappen, was zu Orientierungsstörungen führt.

Die Schädigungen im Übergang von Temporallappen und Okzipitallappen im nächsten Stadium führen zu Beeinträchtigungen beim Erkennen von Personen, was für alle Beteiligten sehr belastend ist. Je weiter die Krankheit fortschreitet und je mehr Hirnareale betroffen sind, umso gravierender sind die Folgen. Auch die Erinnerung an länger zurückliegende Ereignisse und das Urteilsvermögen schwinden. Bei vielen Betroffenen kommt es zu Verhaltensänderungen, z.B. zu einer Umkehr des Tag-Nacht-Rhythmus und zu Schlafstörungen.

In fortgeschrittenen Stadien der Erkrankung kommt es zu einer Immobilisierung. Diese führt dazu, dass die Patienten anfälliger werden für Infektionskrankheiten. Je nachdem, wo die Menschen leben und wie sie versorgt werden, essen sie schlechter und trinken weniger, sodass sie ein erhöhtes Risiko haben, ein Delir zu entwickeln. Dieses kann wiederum durch Immobilität und vegetative Entgleisung mit Störungen der Herzfunktion zum Tode führen. Die häufigste Todesursache sind Lungenentzündungen aufgrund der Immobilisierung. Wiederholte zerebrale Krampfanfälle können in sehr fortgeschrittenen Stadien der Alzheimer Krankheit auftreten und zur Sterblichkeit beitragen. Die meisten Menschen sterben also nicht direkt an der Alzheimer-Erkrankung, sondern an ihren Folgen für die Selbstversorgung und Mobilität der Betroffenen.

Durch frühzeitige Diagnose, medizinische Behandlung, Behandlung der Sekundärfolgen und intensive Beratung und Unterstützung der Betroffenen und ihrer Angehörigen lässt sich der Krankheitsverlauf positiv beeinflussen und die Lebensqualität der Erkrankten und ihrer Familien nachhaltig verbessern.

Aufgezeichnet von Anke Lorenz-Hoppe

 

 

 

 

 

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