Frage an das Gehirn

Wie funktioniert ein Cochlea-Implantat

Fragesteller/in: Sandra H. aus Jena

Veröffentlicht: 27.04.2025

Wie kommt der Schall beim Cochlea-Implantat ins Gehirn?

Die Antwort der Redaktion lautet:

Prof. Dr. med. Kristen Rak, Leitender Oberarzt und Stellvertreter des Klinikdirektors sowie Leitender Arzt des Bereichs Implantierbare Hörsysteme, Uniklinikum Würzburg: Ein Cochlea-Implantat besteht aus zwei Komponenten. Der Sprachprozessor befindet sich außerhalb des Schädels, das Implantat wird während der Operation unter der Haut des Schädels eingesetzt. 

Der Sprachprozessor ist der äußerste Teil des gesamten Cochlea-Implantats und etwa so groß wie ein Hörgerät. Es nimmt die Schallwellen über ein Mikrofon auf und wandelt sie in elektrische Impulse um. Die elektrischen Impulse werden dann über die Haut, also transkutan, auf das etwa daumengroße Implantat innerhalb des Schädels übertragen. Am Implantat sitzt der sogenannte Elektrodenträger. Er wird im Rahmen der Operation in die Cochlea, also in die Hörschnecke, eingeschoben. Auf diesem Elektrodenträger sitzen zwischen 12 und 24 Elektrodenkontakte, die Strom abgeben können. Der Elektrodenträger hat einen Durchmesser von etwa 0,8 Millimeter und eine Länge von bis zu 32 Millimeter. Damit lassen sich rund 80 Prozent der etwa 40 Millimeter langen Hörschnecke abdecken.

Um zu verstehen, wie das System arbeitet, bedarf es eines Blicks auf die Funktion der Hörschnecke. In der Hörschnecke werden im unteren Bereich die hohen Töne und im oberen Schneckenbereich die tiefen Töne wahrgenommen. Das ist bei jedem Menschen gleich. Liegt nun in einer Hörschnecke ein Elektrodenträger und es wird über ein Elektrodenkontakt der untere Bereich der Hörschnecke stimuliert, wird ein hoher Ton wahrgenommen. Stimuliert man dagegen einen Elektrodenkontakt, der tief in der Hörschnecke liegt, wird ein tiefer Ton wahrgenommen. Das ist die erste Dimension unserer Wahrnehmung: Wir hören hohe und tiefe Töne. 

Ein weiterer Aspekt ist die Lautstärke. Diese anzupassen gelingt durch eine hohe respektive geringe Stromzufuhr auf eine Elektrode, aber auch durch die Stimulation von einem beziehungsweise durch gleichzeitige Stimulation von zwei nebeneinanderliegenden Kontakten. Dadurch wird mehr Energie übertragen und ein größerer Bereich stimuliert, und man nimmt größere Lautstärken wahr. 

Der dritte Aspekt ist der Rhythmus, also die Geschwindigkeit zwischen Tönen. Ein Rhythmus lässt sich erzeugt, indem ein Kontakt wiederholt, schnell oder langsam stimuliert wird. 

Insgesamt gelingt es so, die Lautstärke und den Rhythmus zu kodieren. Die Nervenzellen in der Hörschnecke nehmen diese Information dann auf und leiten sie über den Hörnerv weiter in das Gehirn. Im Gehirn werden die Signale dann zu einem Höreindruck zusammengebaut.

Menschen mit einem Cochlea-Implantat müssen das Hören erst erlernen oder wieder lernen. Das braucht seine Zeit, weil sich das Gehirn zunächst an die neuen elektrischen Informationen gewöhnen muss. Es kann bis zu einem Jahr oder sogar länger dauern, bis man mit einem Implantat (wieder) gut oder sehr gut hören kann.

Ein Cochlea-Implantat kommt für zwei Gruppen von Betroffenen in Frage. Einerseits Kinder, die taub geboren wurden. Sie bekommen im Alter von 9-12 Monaten auf beiden Seiten ein Implantat. Ihre Sprach- und Hörentwicklung läuft dadurch primär über das Cochlea-Implantat ab. Andererseits wird das Implantat aber auch bei Kindern und Erwachsenen mit einer zunehmenden Schwerhörigkeit verwendet. Diese Gruppe hat oder hatte bereits einen Höreindruck, der zu einer Hörwahrnehmung und eventuell auch für eine Sprachausbildung ausgereicht hat und hat erst danach eine Schwerhörigkeit entwickelt. DAs kann ein Vorteil sein. Manchen Betroffenen fällt es aber auch schwerer, das Hören mit dem Implantat erneut zu lernen, weil sie den Vergleich zum bisherigen, natürlichen Hören haben.

Aufgezeichnet von Stefanie Flunkert

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