Frage an das Gehirn

Was bringen Melatonin-Tabletten?

Fragesteller/in: Jasmin S. aus Stuttgart

Veröffentlicht: 17.07.2023

Sind Melatonin-Tabletten ratsam bei Schlafstörungen oder Jetlag?

Die Antwort der Redaktion lautet:

Prof. Dr. Henrik Oster, Institut für Neurobiologie, Universität zu Lübeck: Grundsätzlich lässt sich die Frage mit „Ja“ beantworten. Aber es kommt natürlich darauf an, um welche Schlaf- und Jetlagprobleme es sich handelt. Melatonintabletten helfen besonders bei Einschlafstörungen. Ob sie auch bei Durchschlafstörungen oder bei Schlafstörungen, die auf neurologischen Problemen beruhen, also REM-Schlaf Verhaltensstörungen oder Ähnlichem sinnvoll sein können, ist umstritten.

Melatonin wirkt hauptsächlich auf die innere Uhr. Zur richtigen Zeit eingenommen, sorgt es dafür, dass die innere Uhr, die den Schlafzyklus, also den Beginn der Schlaf- und Wachphasen, steuert, richtig eigestellt wird. In der Regel wird Melatonin am Abend eingenommen, was die Einschlafphase etwas nach vorne verschiebt. Dabei helfen die Tabletten recht gut.

Die Melatonintabletten sollte man etwa 30 Minuten oder maximal eine Stunde vor der gewünschten täglichen Schlafenszeit einnehmen. Die Tabletten haben einen akuten, dämpfenden Effekt, der aber subjektiv sehr unterschiedlich ausgeprägt ist. Es wirkt ja nicht auf die Schlafzentren selbst, sondern über die innere Uhr, die dann verschoben wird. Das wirkt dann indirekt auf die Schlafregulation. Bereiche im Vorderhirn, die Schlaf fördern würden, werden aber nicht aktiviert. Außerdem baut der Körper das Melatonin relativ zügig ab, wodurch es nicht die ganze Nacht wirkt.

Beim Jetlag helfen Melatonintabletten ebenfalls recht gut – vorausgesetzt, die Einnahme erfolgt zur richtigen Zeit. Das ist nicht immer ganz trivial. Wer sich sich über mehr als 4 Zeitzonen bewegt, dessen innere Uhr ist am Zielort noch auf Heimatuhrzeit getaktet und verschiebt sich dann in den nächsten Tagen um täglich ein bis zwei Stunden in Richtung der tatsächlichen Zeit.

Melatonin wirkt am besten, wenn es zur subjektiven Abendzeit genommen wird – also die Zeit, zu der die innere Uhr Abend hat. Nach einem Langstreckenflug, kann das beliebig komplex werden. Der Abend laut innerer Uhr stimmt ja nicht mehr mit dem Tagesablauf am Zielort überein, verschiebt sich aber über die folgenden Tage dorthin. Das macht es dann manchmal etwas kompliziert. Daher lautet die Empfehlung bei größeren Zeitverschiebungen, das Melatonin zur Abendzeit des Aufenthaltsortes ein. Das ist dann zwar in den ersten Tagen nicht die optimale Zeit, passt aber in der Regel nach 2-3 Tagen, wenn sich die innere Uhr etwas verschoben hat. Das Wirkfenster von Melatonin ist recht eng, es gibt aber mittlerweile auch Apps, die die beste Einnahmezeit berechnen. Die Apps arbeiten aber natürlich mit reinen Durchschnittswerten.

Wichtig auch: Man darf von Melatonin keine Sofortwirkung erwarten. Es dauert eine paar Tage, bis die innere Uhr erfolgreich verstellt ist. Reist man also beispielsweise nach Japan und die innere Uhr braucht für die Umstellung ohne Melatonin zirka eine Woche, kann man diese Zeit durch Melatonin um etwa die Hälfte verkürzen.

Aufgezeichnet von Stefanie Flunkert

REM-Schlaf

REM-Schlaf/-/REM sleep

„REM“ steht für „rapid eye movement“ – und rasche Augenbewegungen sind auch charakteristisch für den REM-​Schlaf. Im Laufe einer Nacht durchleben wir mehrere solcher REM-​Phasen, die von non-​REM-​Phasen unterbrochen werden. REM-​Schlaf zeichnet sich durch schnelle Augenbewegungen aus, niedrig-​amplitudige Hirnaktivität gemischter Frequenzen sowie einem reduzierten Muskeltonus. Puls und Atemfrequenz sind dagegen erhöht. Zudem träumen wir während dieser Phasen besonders bildhaft und intensiv. Menschen, die aus dem REM-​Schlaf geweckt werden, berichten häufig bildhafte, konkrete und auch emotionale Träume, während nach dem Wecken aus dem non-​REM-​Schlaf eher abstraktere und an Gedanken erinnernde Träume berichtet werden.

Melatonin

Melatonin/-/melatonin

Melatonin ist ein Hormon, das bei Dunkelheit von der Zirbeldrüse im Gehirn freigesetzt wird. Die Melatoninkonzentration ist in der Nacht am höchsten und nimmt dann im Laufe des Tages ab. Damit ist es ein wichtiger Botenstoff der „inneren Uhr“ und scheint besonders an der Steuerung des Schlafes beteiligt zu sein.

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