Question to the brain
Wie entstehen Narben im Gehirn?
Published: 11.10.2014
Narben im Gesicht, an Armen oder Beinen — die kennen wir. Und wir wissen zumindest ungefähr, wie sie entstehen. Doch wie kommt es zu Narben im Gehirn?
The editor's reply is:
Antwort von Prof. Dr. Boris Krischek, Oberarzt im Zentrum für Neurochirurgie der Uniklinik Köln:
Unter einer Narbe versteht man generell eine Art Ersatzgewebe, das im Rahmen einer Wundheilung entsteht. Dennoch sind Narben auf der Haut und im Gehirn unterschiedliche Phänomene: Bei Hautnarben verschließen Fibroblasten, also Bindegewebszellen, die verletzte Stelle. Sie sorgen so dafür, dass keine Keime durch die äußere Barriere eindringen. Eine Narbe im Hirn, eine so genannte Gliose, besteht dagegen aus Gliazellen. Es handelt sich dabei um das Stützgewebe des Gehirns, das die Nervenzellen einbettet und bei der Reizweiterleitung unterstützt. Es ist von der Konsistenz her derber als normales Hirngewebe und lässt sich in der Magnetresonanztomografie in der Regel gut abgrenzen.
Ist Hirngewebe geschädigt – beispielsweise nach einem Schlaganfall, nach Schädelverletzungen, Entzündungen, oder auch durch Erkrankungen wie Morbus Alzheimer oder Multiple Sklerose – wird eine Vermehrung der stützenden Gliazellen angeregt. Die Gliazellen haben, anders als bei Hirntumoren, keinen raumfordernden, verdrängenden Charakter. Sie „füllen“ nur die entstandenen Lücken auf, um auch die Stabilität des Hirngewebes zu erhalten. Neurone, die eigentlichen impulsgebenden Zellen, vermehren sich dagegen nicht und entstehen nicht neu.
Abhängig vom Ort des geschädigten Hirngewebes kann in einigen Fällen — durch den Verlust von Nervenzellen — die Funktionalität der betroffenen Hirnregion beeinträchtigt sein. So kann es zum Beispiel bei Schädigung des linken Schläfenlappens zu Sprachstörungen kommen. Oder die Verletzung des rechten Scheitellappens kann zu einer Halbseitenlähmung der linken Körperhälfte führen.
Tatsächlich gehören Narben in der Neurochirurgie zum Alltag. Bei vielen Menschen haben sie keinen Krankheitswert. Entdeckt man sie etwa im Rahmen einer Untersuchung im Magnetresonanztomografen, besteht diesbezüglich oft kein Handlungsbedarf.
Narben können jedoch zu einer Störung des elektrischen Gleichgewichts des Hirns führen, was ein Epilepsieleiden zur Folge haben kann. In solchen Fällen ist es denkbar, das Narbengewebe operativ zu entfernen. Dadurch lässt sich mit einem gezielten chirurgischen Eingriff der „Epilepsieherd“ beseitigen, und die Patienten werden von dem Krampfanfallleiden befreit.
Antwort aufgezeichnet von Stefanie Reinberger