Question to the brain

Bedeutet ein größeres Gehirn größere Intelligenz?

Questioner: Jochen aus Hamburg

Published: 25.04.2015

Bedeutet ein größeres Gehirn auch gleichzeitig größere Intelligenz?

The editor's reply is:

Antwort von Dr. Jan Gläscher, Institut für Systemische Neurowissenschaften, Universitätsklinikum Hamburg-​Eppendorf: Die Antwort ist: Nein. Eine größere Gehirnmasse ist nicht gleichbedeutend mit größerer Intelligenz. Man sieht das auch ganz leicht, wenn man den Menschen mit anderen Spezies vergleicht. Pferde haben ein sehr viel größeres Gehirn als wir, aber sie verfügen definitiv nicht über unsere kognitiven Fähigkeiten – wenn sie auch ein sehr ausgeprägtes Sozialleben haben. Das gleiche gilt etwa für Elefanten. Ähnliches gilt auch für die relative Gehirngröße, also wenn man die absolute Gehirngröße mit der gesamten Körpergröße in Relation setzt. Obwohl Menschen dabei auch gut abschneiden, gibt es Tierarten, die eine größere relative Gehirngröße aufweisen.

Statt der Größe scheinen andere Faktoren bei der Intelligenz eine Rolle zu spielen: Eine Zeit lang nahm man an, dass hierbei nur die frontalen Areale wichtig sind. Die Datenlage der letzten Jahre weist aber eindeutig in die Richtung, dass viele verschiedene Areale eine Rolle spielen – nicht nur im Frontallappen, sondern auch im Parietal– und Temporallappen. Es kommt dabei vor allem darauf an, wie effizient der Informationsfluss im Gehirn ist, wie gut die einzelnen Hirnregionen über Nervenfasern miteinander verbunden sind.

In einer eigenen Studie haben wir uns den allgemeinen Intelligenzfaktor angeschaut. Dieser basiert auf der klassischen Beobachtung, dass Menschen, die bei einem kognitiven Test besonders gut abschneiden – beispielsweise bei der räumlichen Wahrnehmung – meist auch auf anderen Gebieten wie dem Gedächtnis relativ gut sind. Es gibt also etwas Gemeinsames zwischen eigentlich sehr unterschiedlichen kognitiven Tests. Dieses Gemeinsame, eben den allgemeinen Intelligenzfaktor, kann man mit bestimmten statistischen Verfahren herausfiltern.

Bei unserer Untersuchung kam nun heraus: Patienten, die vorwiegend Läsionen in den Hirnbereichen aufweisen, die den Parietallappen mit dem Frontallappen verbinden, verfügten über eine geringere allgemeine Intelligenz. Dieser Befund passt auch ganz gut zur Theorie. Allgemeine Intelligenz besagt schließlich, dass viele verschiedene kognitive Fertigkeiten effektiv miteinander verknüpft sind. Das spiegelt sich offensichtlich auch strukturell wider.

Eine interessante Theorie des Hirnforschers Richard Haier von der University of California in Irvine brachte in den 1990er-​Jahren Intelligenz ebenfalls mit der Effizienz der Informationsverarbeitung in Verbindung. Haier konnte mit Hilfe von bildgebenden Verfahren zeigen: Intelligentere Menschen wiesen beim Lösen von Testaufgaben einen niedrigeren Energiekonsum im Gehirn auf als weniger intelligente Probanden. Daraufhin entwickelte er die Theorie, dass hochintelligente Menschen ihre Hirnareale besonders effizient benutzen: Sie benötigen weniger Energie als weniger intelligente Menschen, um die gleiche Testleistung zu erbringen.

Antwort aufgezeichnet von Christian Wolf

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