Question to the brain

Wovon hängt es ab, ob jemand Links- oder Rechtshänder ist?

Questioner: eine Schülerin, achte Klasse

Published: 04.06.2016

Manche schreiben mit links, andere mit rechts. Wovon hängt es eigentlich ab, ob jemand Links– oder Rechtshänder ist?

The editor's reply is:

Dr. Hannelore Pester, Linkshänderberaterin und Leiterin des Interdisziplinären Zentrums für Lateralitätsforschung in Berlin: Die einen schreiben mit links, die anderen greifen mit der rechten Hand zum Stift: Im Alltag fällt uns meist nur auf, welche Hand ein Mensch am liebsten benutzt. Die funktionelle Bevorzugung einer Seite, die so genannte Lateralität, beschränkt sich aber nicht auf die Hände: Auch bei den Füßen, Beinen, Ohren und Augen haben wir eine Lieblingsseite.

Welche Körperseite und damit auch welche Hand ein Mensch intensiver nutzt, hängt von vielen Faktoren ab. So ist die Vererbung ein möglicher Einflussfaktor. Aber nicht nur die individuelle Geschichte und die Vererbung durch Verwandte spielen eine Rolle, auch stammesgeschichtliche Faktoren haben Einfluss auf die bevorzugte Seite. In der Entwicklungsgeschichte des Menschen hat zufällig die rechte Hirnhälfte die Orientierung im Raum und die nonverbale Kommunikation übernommen. Dadurch war diese Hälfte sozusagen bereits „belegt“, während die noch freie linke Hirnhälfte, die die rechte Hand steuert, beim Werkzeugbau feinmotorisch besser vernetzt wurde und dort auch die verbale Sprache ansiedelte. Auch die meisten Linkshänder haben ihre Sprachzentren überwiegend in der besser durchbluteten und vernetzten linken Hirnhälfte. Viele nutzen auch die rechte Schreibhand. Die bessere Feinmotorik der rechten Hand und die Sprache hatten möglicherweise einen evolutionären Vorteil, der durch Rituale und Gebräuche bewahrt und bekräftigt wurde. Sitten und Bräuche, die an die nächste Generation weitergegeben werden, sind häufig auf die rechte Hand ausgerichtet, zum Beispiel wird traditionell mit rechts gegrüßt und gegessen. Viele Religionen, zum Beispiel die christliche und die islamische, haben diese kulturellen Einflüsse und Normen noch verstärkt, indem sie die linke Hand als teuflisch und die rechte als göttlich bezeichneten.

Auch die Familie kann ein Kind beeinflussen und es bewusst oder unbewusst aus Unkenntnis der Reifungsphasen der Seitigkeitsentwicklung zu früh auf eine Seite „dressieren“, vielleicht weil Papa auch Linkshänder ist. Bis zum fünften, sechsten Lebensjahr wechseln die Kinder noch häufig zwischen den Seiten hin und her und malen mal mit links, mal mit rechts, um für beide Hirnhälften Entwicklungsreize zu bekommen. Für eine Seite entscheiden sie sich erst später. Grundsätzlich sollte jedes Kind seine Wohlfühlseite nutzen dürfen.

Noch bevor soziale Faktoren das Kind beeinflussen können, kann sogar die Lage im Bauch der Mutter während der Schwangerschaft eine Rolle spielen. Liegt ein eineiiges Zwillingspaar etwa wie Yin und Yang gespiegelt, bekommt ein Zwilling mehr Reize für seine linke Seite, der andere für die rechte. Die oben liegende Seite wird jeweils mehr durch Bewegung stimuliert und entwickelt sich dadurch eher zur bevorzugten Seite. Auch Hormone beeinflussen die Seitigkeitsentwicklung. So stimuliert das Testosteron stärker die zuerst reifende rechte Hirnhälfte. Deshalb ist die Beid– und Linkshändigkeit bei Jungen oft häufiger ausgeprägt als bei Mädchen.

Auch kompliziertere Geburten – per Saugglocke, Zange oder Kaiserschnitt zum Beispiel – können verhindern, dass das Baby seine frühkindlichen Geburtshelferreflexe abarbeitet oder wegen Blockaden wie etwa Halswirbelsäulen-​Trauma, Schiefhals oder Kopfgelenk-​induzierte Symmetrie-​Störung nicht robben, krabbeln und die Gehirnhälften nicht koordinieren kann. Dann wechselt das Kind weiter und kann nicht so leicht seine bevorzugte Seite finden. Jeder Mensch entwickelt ein Leben lang unter verschiedenen biopsychosozialen Bedingungen sein eigenes Lateralitätsmuster. Es ist also nicht so wichtig, ob man Links– oder Rechtshänder ist, vor allem muss die Koordination der beiden Gehirnhälften gelingen.

Aufgezeichnet von Natalie Steinmann

Auge

Augapfel/Bulbus oculi/eye bulb

Das Auge ist das Sinnesorgan zur Wahrnehmung von Lichtreizen – von elektromagnetischer Strahlung eines bestimmten Frequenzbereiches. Das für den Menschen sichtbare Licht liegt im Bereich zwischen 380 und 780 Nanometer.

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