Question to the brain

Wie funktioniert eigentlich ein Hirnschrittmacher?

Questioner: Enkel 28

Published: 08.08.2017

Herzschrittmacher ist klar, aber wie funktioniert eigentlich ein Hirnschrittmacher?

The editor's reply is:

Prof. Dr. med. Andrea Kühn , Direktorin der Sektion Bewegungsstörungen und Neuromodulation an der Charité Berlin: Ein  sogenannter „Hirnschrittmacher“ kommt im Rahmen einer Behandlung namens Tiefe Hirnstimulation (THS) zur Anwendung. Dabei sind in der Regel zwei operative Eingriffe vorgesehen. Zunächst werden dem Patienten dünne Elektroden in bestimmten Hirnarealen eingesetzt. Dieses gelingt mithilfe von stereotaktischen Instrumenten sowie moderner Bildgebung mit großer Präzision. Dabei ist der Patient meist nur örtlich betäubt. Auch wenn dies unangenehm klingt, hat es den großen Vorteil, dass Nebenwirkungen wie Sprechstörungen oder Muskelzuckungen frühzeitig erkannt und bestmöglich vermieden werden können.

Im zweiten Schritt wird eine Steuerungseinheit im Bauch- oder Brustbereich des Patienten implantiert. Je nach Bedarf sendet dieser Pulsgeber Signale an die Elektroden, die wiederrum permanent hochfrequente elektrische Impulse an umliegende Nervenzellen abgeben. Der Pulsgeber lässt sich von außen programmieren und sich so optimal für jeden Patienten einstellen.

Trotz intensiver Forschung ist allerdings weiterhin unklar, was die genauen Ursachen für die klinische Wirksamkeit von THS sind. Grundsätzlich nimmt man an, dass ein gestörter Informationsfluss zwischen einzelnen Regionen des Gehirns bei Bewegungserkrankungen wie Morbus Parkinson vorliegt. Und genau diese pathologische Netzwerkaktivität wird durch Hirnschrittmacher wahrscheinlich „überschrieben“.

Der Implantationsort des Schrittmachers unterscheidet sich dabei je nach Indikation der Behandlung. Bei Morbus Parkinson sind dies oft der subthalamische nucleus (STN) und der globus pallidus internus (GPi). Beide sind Kerngebiete eines Netzwerkes, das die Großhirnrinde mit subkortikalen Strukturen, den Basalganglien verbindet und an der Steuerung von Bewegungsabläufen beteiligt ist. Durch gezielte Stimulation mittels THS können die Symptome der Erkrankung teilweise dramatisch gemindert werden (siehe Video ).

Ein operativer Eingriff in das Gehirn ist keine leichte Entscheidung. Risiken und Komplikationen müssen sorgfältig gegen die Vorteile abgewogen werden, sodass THS oft nur bei sehr schwereren Erkrankungen eingesetzt wird. Besonders bei einigen Bewegungsstörungen, die sich resistent gegenüber einer Behandlung mit Medikamenten erwiesen haben, ist ein Hirnschrittmacher oft ultima ratio. So ist zum Beispiel Morbus Parkinson weltweit die häufigste Erkrankung, die mit THS behandelt wird. Aber auch bei einigen psychiatrischen Erkrankungen wie Depression deuten Studien auf eine Effektivität hin.

Allerdings sollte im „Hinterkopf“ behalten werden, dass THS eine rein symptomatische Behandlung bietet. Das bedeutet, dass sie nicht die Ursache der Erkrankung bekämpft, sondern nur ihre Symptome lindert.

Aufgezeichnet von Helge Hasselmann

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