Das Geheimnis des Lächelns

Das Geheimnis des Lächelns

Ein Lächeln kann vieles signalisieren — Freude, guten Willen, Unsicherheit, Überheblichkeit. Es bietet also tiefe Einblicke in das Gefühlsleben anderer. Um seine Bedeutung zu entschlüsseln, müssen wir unser Gegenüber imitieren, glauben Forscher.

Wissenschaftliche Betreuung: Prof. Dr. Ute Habel

Veröffentlicht: 31.08.2011

Niveau: mittel

Das Wichtigste in Kürze
  • Lächeln ist eine angeborene Verhaltensweise, die oft als Ausdruck der Freude dient, aber auch viele andere Beweggründe haben kann.
  • Forscher unterscheiden mehrere Arten des Lächelns, die im sozialen Zusammenleben des Menschen unterschiedliche Aufgaben erfüllen, wie etwa das Schließen von Freundschaften oder den Ausdruck von Dominanz.
  • Experimente haben gezeigt, dass für die Interpretation eines Lächelns neben dem mimischen Ausdruck der Kontext und vor allem die Imitation eine Rolle spielen.
  • Indem Menschen die Mimik ihres Gegenübers kopieren, aktivieren sie die gleichen Hirnareale, die auch bei der Produktion der Mimik aktiv sind - und können so Rückschlüsse ziehen, warum der andere lächelt.

Mimik

Mimik/-/facial expression

Fünf Muskelgruppen kontrollieren die sichtbaren Bewegungen an unserer Gesichtsoberfläche – und das gilt für alle Menschen auf der Welt. Aus diesem Grund hinterlassen die Basisemotionen Angst, Wut, Ekel, Trauer, Überraschung und Freude überall ähnliche Spuren im Gesicht, die wir in der Regel auch bei Fremden zuverlässig identifizieren können. Neurowissenschaftler vermuten, dass diese Fähigkeit dadurch zustande kommt, dass wir unbewusst den Gesichtsausdruck unseres Gegenübers nachahmen.

Es ist der Gesichtsausdruck, der dem Menschen tatsächlich in die Wiege gelegt ist. Schon mit wenigen Monaten können Babys lächeln – um sich damit selbst bei Fremden Wohlwollen und Zuneigung zu sichern. Und was bereits im Windelalter klappt, funktioniert ein Leben lang, wie Irenäus Eibl-​Eibesfeld ganz richtig erkannte. „Mit dieser Verhaltensweise sind wir in der Lage, uns mit völlig Unbekannten anzufreunden“, so der österreichische Verhaltensforscher über die entwaffnende Wirkung des Lächelns. Doch es kann auch eine gefährliche Waffe sein. So beschreibt Eibl-​Eibesfeldt in seinem Buch „Liebe und Hass. Zur Naturgeschichte elementarer Verhaltensweisen“, zum Beispiel die Begegnung eines amerikanischen Soldaten mit zwei Vietcong während des Vietnamkrieges: „Sein Gewehr versagte, und da lächelte er, was seine Gegner hemmte. Misstrauen und Angst ließen den angebahnten Kontakt jedoch sofort wieder ersterben. Der Amerikaner lud durch und tötete seine Gegner.“

Die brutale Anekdote zeigt: Jeder erkennt zwar ein Lächeln. Aber was dieser Gesichtsausdruck genau bedeuten soll, das kann sehr viel schwerer herauszufinden sein. Denn obwohl das gelbe Smiley-​Symbol schon sprichwörtlich für gute Laune steht, muss Lächeln nicht unbedingt Freude ausdrücken. Dahinter kann auch Unsicherheit oder Überheblichkeit stecken. Ebenso kann es schelmisch, bösartig, spöttisch oder auch geheimnisvoll sein: So wie bei der Protagonistin in Leonardo Da Vincis weltberühmtem Gemälde. Was verbirgt sich hinter dem so unergründlich scheinenden Lächeln der Mona Lisa?

Ein „echtes“ Lächeln erkennt man an den Augen

Aber wie erkennt man dann, ob ein Lächeln fröhlich, verbindend oder dominant gemeint ist? Paula Niedenthal ist überzeugt davon, dass wir diese Einordnung treffen, indem wir den Gesichtsausdruck unseres Gegenübers nachahmen. In Studien konnte die Emotionsforscherin zeigen, dass Probanden die Mimik anderer am zutreffendsten deuten, wenn sie diese imitieren. Durch diese Mimikry gelingt es, sich in das Gegenüber zu versetzen – oder erleichtert dies zumindest, so die These der Emotionsforscherin. In eine ähnliche Richtung weisen Studien zu den so genannten Spiegelneuronen – Nervenzellen, die sowohl aktiv werden, wenn wir selbst etwas tun, als auch, wenn wir die Handlung bei anderen beobachten.

Wenn uns jemand anlächelt, dann lächeln wir also nicht nur aus Höflichkeit zurück, sondern auch weil wir auf diese Weise erfahren, was er empfindet. Durch die Nachahmung können wir nachfühlen, ja mitfühlen. Tatsächlich zeigen Gehirnscans, dass das Betrachten eines fröhlichen Lächelns das Belohnungszentrum aktiviert und so für positive Gefühle sorgt. Und dieses Hirnareal wird auch dann aktiv, wenn dieser freudige Ausdruck auf dem eigenen Gesicht erscheint. Ein Begrüßungslächeln dagegen geht mit erhöhter Aktivität im orbitofrontalen Cortex einher, einem Bereich des Gehirns, der unter anderem dann in Aktion tritt, wenn wir über Menschen nachdenken, die uns besonders nahe stehen.

Versuche mit Probanden, denen das lähmende Nervengift Botox in bestimmte Gesichtsmuskel gespritzt wurde, deuten ebenfalls auf einen Zusammenhang zwischen der eigenen Mimik und der Wahrnehmung von Emotionen anderer Menschen hin. So konnten Forscher um Bernhard Haslinger von der Technischen Universität München zeigen, dass die kosmetische Behandlung von Zornesfalten mit Botox auch die Aktivität in Gehirnarealen herabsetzt, die bei der Verarbeitung von Emotionen eine entscheidende Rolle spielen, wie die Amygdala.

Mimik

Mimik/-/facial expression

Fünf Muskelgruppen kontrollieren die sichtbaren Bewegungen an unserer Gesichtsoberfläche – und das gilt für alle Menschen auf der Welt. Aus diesem Grund hinterlassen die Basisemotionen Angst, Wut, Ekel, Trauer, Überraschung und Freude überall ähnliche Spuren im Gesicht, die wir in der Regel auch bei Fremden zuverlässig identifizieren können. Neurowissenschaftler vermuten, dass diese Fähigkeit dadurch zustande kommt, dass wir unbewusst den Gesichtsausdruck unseres Gegenübers nachahmen.

Spiegelneurone

Spiegelneurone/-/mirror neurons

Nervenzellen im Gehirn von Primaten, die genauso feuern, wenn ihre Besitzer eine Handlung beobachten wie wenn sie diese selbst durchführen. Anfang der 1990er waren italienische Forscher auf diese besonderen Neuronen gestoßen, als sie mit Makaken experimentierten. Später wurden Spiegelneurone auch im menschlichen Gehirn nachgewiesen. Hier kommen sie unter anderem im Broca-​Areal vor, das für die Sprachverarbeitung verantwortlich ist. Die Spiegelneurone könnten eine Erklärung dafür liefern, warum wir in der Lage sind, die Gefühle und Absichten anderer nachzuvollziehen. Die Diskussion darum ist noch nicht abgeschlossen.

Mesolimbisches System

Mesolimbisches System/-/mesolimbic pathway

Ein System aus Neuronen, die Dopamin als Botenstoff verwenden und das entscheidend an der Entstehung positiver Gefühle beteiligt ist. Die Zellkörper liegen im unteren Tegmentums und ziehen unter anderem in die Amygdala, den Hippocampus und – besonders wichtig – den Nucleus accumbens, wo sie ihre Endköpfchen haben.

Orbitofrontaler Cortex

Orbitofrontaler Cortex/-/orbitofrontal cortex

Windung im Bereich des orbitofrontalen Cortex der Großhirnrinde, die sich anatomisch etwa hinter den Augen befindet. Der orbitofrontale Cortex spielt eine entscheidende Rolle bei der Entscheidungsfindung und der Überwachung sozialer Interaktionen und entsprechend komplex ist er aufgebaut. Insgesamt besteht er aus vier verschiedenen Substrukturen: der mediale, laterale, anteriore und der posteriore Gyrus orbitalis sowie der Gyrus rectus.

Wahrnehmung

Wahrnehmung/Perceptio/perception

Der Begriff beschreibt den komplexen Prozess der Informationsgewinnung und –verarbeitung von Reizen aus der Umwelt sowie von inneren Zuständen eines Lebewesens. Das Gehirn kombiniert die Informationen, die teils bewusst und teils unbewusst wahrgenommen werden, zu einem subjektiv sinnvollen Gesamteindruck. Wenn die Daten, die es von den Sinnesorganen erhält, hierfür nicht ausreichen, ergänzt es diese mit Erfahrungswerten. Dies kann zu Fehlinterpretationen führen und erklärt, warum wir optischen Täuschungen erliegen oder auf Zaubertricks hereinfallen.

Emotionen

Emotionen/-/emotions

Unter „Emotionen“ verstehen Neurowissenschaftler psychische Prozesse, die durch äußere Reize ausgelöst werden und eine Handlungsbereitschaft zur Folge haben. Emotionen entstehen im limbischen System, einem stammesgeschichtlich alten Teil des Gehirns. Der Psychologe Paul Ekman hat sechs kulturübergreifende Basisemotionen definiert, die sich in charakteristischen Gesichtsausdrücken widerspiegeln: Freude, Ärger, Angst, Überraschung, Trauer und Ekel.

Amygdala

Amygdala/Corpus amygdaloideum/amygdala

Ein wichtiges Kerngebiet im Temporallappen, welches mit Emotionen in Verbindung gebracht wird: es bewertet den emotionalen Gehalt einer Situation und reagiert besonders auf Bedrohung. In diesem Zusammenhang wird sie auch durch Schmerzreize aktiviert und spielt eine wichtige Rolle in der emotionalen Bewertung sensorischer Reize. Die Amygdala – zu Deutsch Mandelkern – wird zum limbischen System gezählt.

Das flüchtige Lächeln der Mona Lisa

Die Nachahmung der Mimik könnte auch erklären, wie Menschen echtes und falsches Lächeln auseinanderhalten. Imitiert man ein „falsches“ Lächeln, würden demnach andere Gehirnareale aktiv als bei einem „echten“ Lächeln. Dadurch würde der Betrachter erkennen, dass etwas nicht stimmt.

Experimente stützen die Theorie: So zeigte Paula Niedenthal Studenten Bilder von Personen, die wirklich lächeln und solchen, die nur so tun. Die Studenten konnten die beiden Gruppen zunächst gut unterscheiden. Dann ließ sie ihre Probanden bei der Aufgabe auf einen Bleistift beißen, so dass die Muskeln, die sonst ein Lächeln andeuten könnten, blockiert waren – und ihre Fähigkeit, echtes und falsches Lächeln auseinander zu halten, sank deutlich.

Und das Lächeln der Mona Lisa? Warum fällt es so schwer, es einzuordnen, auch wenn wir gerade nicht auf einem Bleistift kauen? Forscher glauben, dass es sich dabei vor allem um einen optischen Effekt handelt. Meist schauen Menschen bei einem Porträt zuerst auf die Augen. Der Mund der Mona Lisa befindet sich dann in der Peripherie des Blickfeldes. Menschen nehmen dort weniger Details wahr und so erscheinen die Schatten unter den Wangenknochen wie ein Lächeln. Sobald sich der Blick aber auf die Lippen richtet, verschwindet der Eindruck. Das Lächeln der Mona Lisa existiert also nur, solange man nicht genau hinschaut.

Mimik

Mimik/-/facial expression

Fünf Muskelgruppen kontrollieren die sichtbaren Bewegungen an unserer Gesichtsoberfläche – und das gilt für alle Menschen auf der Welt. Aus diesem Grund hinterlassen die Basisemotionen Angst, Wut, Ekel, Trauer, Überraschung und Freude überall ähnliche Spuren im Gesicht, die wir in der Regel auch bei Fremden zuverlässig identifizieren können. Neurowissenschaftler vermuten, dass diese Fähigkeit dadurch zustande kommt, dass wir unbewusst den Gesichtsausdruck unseres Gegenübers nachahmen.

Auge

Augapfel/Bulbus oculi/eye bulb

Das Auge ist das Sinnesorgan zur Wahrnehmung von Lichtreizen – von elektromagnetischer Strahlung eines bestimmten Frequenzbereiches. Das für den Menschen sichtbare Licht liegt im Bereich zwischen 380 und 780 Nanometer.

zum Weiterlesen:

  • Haslinger, B. et al.: The link between facial feedback and neural activity within central circuitries of emotion – new insights from botulinum toxin-​induced denervation of frown muscles. Cereb Cortex. 2009; 19 (3):537 — 542 (zum Abstract).

Cortex

Großhirnrinde/Cortex cerebri/cerebral cortex

Der Cortex cerebri, kurz Cortex genannt, bezeichnet die äußerste Schicht des Großhirns. Sie ist 2,5 mm bis 5 mm dick und reich an Nervenzellen. Die Großhirnrinde ist stark gefaltet, vergleichbar einem Taschentuch in einem Becher. So entstehen zahlreiche Windungen (Gyri), Spalten (Fissurae) und Furchen (Sulci). Ausgefaltet beträgt die Oberfläche des Cortex ca 1.800 cm2.

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4 Kommentare

Ramona Bergier 20.01.2017
Ein Lächeln--man ist immer geneigt zurück zu lächeln, wenn es einem flüchtig begegnet, denn dann ist es meist spontan . Man fühlt sich einfach wohler mit einem Lächeln, aber es ist auch traurig, dass im zuge von date-Internetportalen, von "geforderter" Fröhlichkeit in einem Team, "gelernt" wird , sogar in Kursen angeboten wird, wie man sein Gegenüber mit einem Lächeln täuschen und beeinflussen kann. Ein Laie kann dann leider einen auch erlernten Augenaufschlag, der zu diesem lächeln passen soll, nicht als echt oder unecht erkennen. Wenn wir uns diese Natürlichkeit nehmen lassen, nur noch kontrolliert und auf Vorteil bedacht durch das Leben gehen, werden wir uns an einer Mona Lisa auch nicht mehr erfreuen können...

Linus M 20.01.2017
[Zitat von Ramona Bergier:]

"Ein Laie kann dann leider einen auch erlernten Augenaufschlag, der zu diesem lächeln passen soll, nicht als echt oder unecht erkennen. "

Hallo Ramona,

Ich glaube nicht, dass die Folgen solcher Trainings so drastisch ausfallen. Wenn sich das Lächeln als Marker bestimmter Gemütszustände des Gegenübers evolviert hat, so sind wir alle Fachmänner beim Erkennen dieser Mimik. Wäre das echte Lächeln leicht zu imitieren, so hätte es schon längst seine Rolle bei der sozialen Interaktion eingebüßt und würde heute vielleicht gar nicht mehr existieren.

Ich würde hier deshalb nicht ganz so schwarz sehen.

Gruß

Gabriella .. 20.01.2017
Hallo Herr Linus M

Was Ramona Bergier da beschrieben hat hat nichts mit schwarz sehen, zu tun. Das ist Tatsache.

Heute gibt es schon Zahlreiche Kurse für lächeln, und für das dazugehörender Körpersprache.

Ein Gefühlsmensch erkännt sofort, wenn er manipuliert werden soll.

Aber nicht Jeder ist ein Gefühlsmensch

In NLP Kursen werden alle mögliche Formen von Manipulation gelehrt.

Früher hat man NLP nur für positive Zwecke vervendet. (glaube ich)

Heute hat leider viel an Qvalität verloren. Wahrscheinlich, weil immer mehr, und immer mehr nicht Qalifizierter Trainer , und immer schnellere Kurse gibt.

So müsste ich Ihnen doch recht geben Herr Linus,dass dieser unechte Mimik für Jeden , wer ein wenig aufpasst leicht zu erkännen ist.

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