Der Hirnstamm

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Der Hirnstamm
Autor: Ulrich Pontes

Er ist so groß wie ein Daumen und recht unscheinbar, doch der Hirnstamm ist überlebenswichtig: Ob Kreislauf, Atmung oder Schlaf – er ist es, der die lebensnotwendigen Systeme des Körpers kontrolliert und reguliert.

Wissenschaftliche Betreuung: Prof. Dr. Jochen F. Staiger

Veröffentlicht: 26.07.2011

Niveau: mittel

Das Wichtigste in Kürze

Auch wenn die glanzvollen Leistungen des menschlichen Gehirns überwiegend an anderer Stelle erbracht werden: Ohne den Hirnstamm wäre kein Überleben möglich. Er ist nicht nur der Knotenpunkt, der die Teile des Zentralnervensystems miteinander verbindet, sondern er steuert auch zahlreiche unbewusste, aber überlebensnotwendige Vorgänge im Körper.

Hirnstamm

Hirnstamm/Truncus cerebri/brainstem

Der „Stamm“ des Gehirns, an dem alle anderen Gehirnstrukturen sozusagen „aufgehängt“ sind. Er umfasst – von unten nach oben – die Medulla oblongata, die Pons und das Mesencephalon. Nach unten geht er in das Rückenmark über.

Hirnnerven

Im Gegensatz zu den Spinalnerven der Wirbelsäule gibt es zwölf Hirnnerven, die direkt aus dem Gehirn austreten. Sie werden mit römischen Ziffern nummeriert und versorgen primär den Kopf und Halsbereich. Der Nervus olfactorius (I.) beispielsweise ist der Riechnerv, der Nervus opticus (II.) leitet Signale aus der Netzhaut zum Metathalamus. Im Grunde ist der N. opticus ein Teil des Gehirns, wie auch die Netzhaut ein Teil des Gehirns ist. Außer diesen beiden entspringen alle anderen Hirnnerven dem Hirnstamm, versorgen die Augen (III., IV., VI.), den Schlund (IX., X.), bestimmte Halsmuskeln (XI.) und die Zunge (XII.) mit motorischen Impulsen, liefern Gleichgewichtswahrnehmungen (VIII.) und steuern die Mimik (VII.). Einzig der Nervus vagus (X.) zieht über den Hals hinaus in die inneren Organe des Körpers.

Zu den Hirnnerven gehören die Hirnnervenkerne. Das Verhältnis von Hirnnerven und Hirnnervenkernen ist sehr komplex: Mal kommt auf einen Nerv ein Kern, mal sind es mehrere, manchmal versorgt ein Kern mehrere Nerven. Dieses Thema ist bei Anatomiestudenten nicht sehr beliebt.

Spinalnerven

Spinalnerv/Nervus spinalis/spinal nerve

Als Spinalnerven werden die Nerven bezeichnet, die aus dem Rückenmark austreten. Die Zellkörper ihrer Neurone liegen in der grauen Substanz des Rückenmarks.

Netzhaut

Netzhaut/Retina/retina

Die Netzhaut oder Retina ist die innere mit Pigmentepithel besetzte Augenhaut. Die Retina zeichnet sich durch eine inverse (umgekehrte) Anordnung aus: Licht muss erst mehrere Schichten durchdringen, bevor es auf die Fotorezeptoren (Zapfen und Stäbchen) trifft. Die Signale der Fotorezeptoren werden über den Sehnerv in verarbeitende Areale des Gehirns weitergeleitet. Grund für die inverse Anordnung ist die entwicklungsgeschichtliche Entstehung der Netzhaut, es handelt sich um eine Ausstülpung des Gehirns.
Die Netzhaut ist ca 0,2 bis 0,5 mm dick.

Hirnnerv

Hirnnerv/-/cranial nerve

Eine Gruppe von 12 paarigen Nerven, die direkt am Gehirn entspringen, meist am Hirnstamm. Sie werden mit römischen Ziffern (I – XII) nummeriert. Der erste und der zweite Hirnnerv (Riech– und Sehnerv) sind im eigentlichen Sinn keine Nerven sondern Teile des Gehirns.

Auge

Augapfel/Bulbus oculi/eye bulb

Das Auge ist das Sinnesorgan zur Wahrnehmung von Lichtreizen – von elektromagnetischer Strahlung eines bestimmten Frequenzbereiches. Das für den Menschen sichtbare Licht liegt im Bereich zwischen 380 und 780 Nanometer.

Mimik

Mimik/-/facial expression

Fünf Muskelgruppen kontrollieren die sichtbaren Bewegungen an unserer Gesichtsoberfläche – und das gilt für alle Menschen auf der Welt. Aus diesem Grund hinterlassen die Basisemotionen Angst, Wut, Ekel, Trauer, Überraschung und Freude überall ähnliche Spuren im Gesicht, die wir in der Regel auch bei Fremden zuverlässig identifizieren können. Neurowissenschaftler vermuten, dass diese Fähigkeit dadurch zustande kommt, dass wir unbewusst den Gesichtsausdruck unseres Gegenübers nachahmen.

Kern

Kern/-/nucleus

Der Kern ist in einer Zelle der Zellkern, der unter anderem die Chromosomen enthält. Im Nervensystem ist der Kern eine Ansammlung von Zellkörpern – im zentralen Nervensystem als graue Masse, ansonsten als Ganglien bezeichnet.

Der Hirnstamm, der Truncus cerebri, ist zwar nur so groß wie ein Daumen, doch der Vergleich mit einem Baumstamm ist durchaus treffend: Wie dieser oft unter all dem Blattwerk kaum zu sehen ist, so wird auch der Hirnstamm von Groß– und Kleinhirn teilweise verdeckt. Und wie ein Baumstamm hat auch er tragende Funktion, denn der Hirnstamm verbindet die Teile des zentralen Nervensystems: Oben schließen sich Zwischen– und Großhirn an, nach hinten das Kleinhirn.

Nach unten geht der Hirnstamm nahtlos in das Rückenmark über. Dieser unterste Bereich wird als Medulla oblongata bezeichnet, als verlängertes Rückenmark, und wie die Bezeichnung schon vermuten lässt, ist eine eindeutige Grenze schwer zu ziehen. Manche Anatomen sehen sie dort, wo der erste Rückenmarksnerv abzweigt. Andere ziehen die Grenze etwas oberhalb, an der „Pyramidenkreuzung“. Dort wechseln viele von der linken Hirnhälfte kommende Nervenbahnen nach rechts und umgekehrt.

Entwicklungsgeschichtlich ist der Hirnstamm der älteste Teil des Gehirns und so fallen die Unterschiede zwischen Mensch und Tier vergleichsweise gering aus. Seine Funktionen sind vielfältig – so unscheinbar er auch wirken mag, so zentral ist der Hirnstamm doch für das Funktionieren des Gehirns und des gesamten Organismus. Der Frankfurter Anatom Helmut Wicht bezeichnet ihn gar als „Technikzentrale“ des Gehirns.

Hirnstamm

Hirnstamm/Truncus cerebri/brainstem

Der „Stamm“ des Gehirns, an dem alle anderen Gehirnstrukturen sozusagen „aufgehängt“ sind. Er umfasst – von unten nach oben – die Medulla oblongata, die Pons und das Mesencephalon. Nach unten geht er in das Rückenmark über.

Cerebellum

Kleinhirn/Cerebellum/cerebellum

Das Cerebellum (Kleinhirn) ist ein wichtiger Teil des Gehirns, an der Hinterseite des Hirnstamms und unterhalb des Okzipitallappens gelegen. Es besteht aus zwei Kleinhirnhemisphären, die vom Kleinhirncortex (Kleinhirnrinde) bedeckt werden und spielt unter anderem eine wichtige Rolle bei automatisierten motorischen Prozessen.

Großhirn

Großhirn/Telencephalon/cerebrum

Das Großhirn umfasst die Großhirnrinde, (graue Substanz), die Nervenfasern (weiße Substanz) und die Basalganglien. Es ist der größte Teil des Gehirns. Die Rinde kann in vier Rindenfelder unterteilt werden: Temporallappen, Frontallappen, Okzipitallappen und Parietallappen.
Seine Aufgaben sind die Koordination von Wahrnehmung, Motivation, Lernen und Denken.

Rückenmark

Rückenmark/Medulla spinalis/spinal cord

Das Rückenmark ist der Teil des zentralen Nervensystems, das in der Wirbelsäule liegt. Es verfügt sowohl über die weiße Substanz der Nervenfasern, als auch über die graue Substanz der Zellkerne. Einfache Reflexe wie der Kniesehnenreflex werden bereits hier verarbeitet, da sensorische und motorische Neuronen direkt verschaltet sind. Das Rückenmark wird in Zervikal-​, Thorakal-​, Lumbal und Sakralmark unterteilt.

Medulla oblongata

Verlängertes Mark/Medulla oblongata/hindbrain

Bereich des Gehirns, der ins Rückenmark übergeht. Die Medulla oblongata umfasst zahlreiche Kerngebiete mit teils lebenswichtigen Aufgaben wie der Atmung, dem Herzschlag oder bestimmten Reflexen.

Aufbau und Struktur

Und tatsächlich: Betrachtet man den Hirnstamm genauer, passt dieses Bild einer komplexen Technikzentrale mit ihren vielen Leitungen und Schaltschränken sehr gut. Eine Ordnung ist für den unbedarften Beobachter schwer auszumachen. Doch Anatomen unterscheiden drei große Teile: das bereits genannte verlängerte Rückenmark, das Mittelhirn (Mesencephalon) und die Brücke (Pons). Sie alle bestehen aus vielfältigen Unterstrukturen mit teils poetisch anmutenden Namen wie Olivenkern, Hirnschenkel oder Haube. Oder auch das „Bochdaleksche Blumenkörbchen“, das Gehirnwasser produziert.

Ähnliche Vielfalt herrscht auf mikroskopischer Ebene. Zahlreiche Nervenbahnen durchziehen den Hirnstamm, darunter viele Faserzüge, die sensorische Signale zum Zwischenhirn und motorische Signale vom Cortex zum Rückenmark leiten.

An anderen Stellen gibt es Ansammlungen grauer Substanz, so genannte Kerne, die aus den Zellkörpern von Neuronen bestehen. Sie wirken teils als Umschaltstationen, teils sind sie selbst für die Steuerung vieler Körperfunktionen zuständig – einschließlich der überlebensnotwendigen. Beispiele solcher Kerne wären der durch einen hohen Eisengehalt auffällig rote Kern, der Nucleus ruber, oder die vom Körper-​Farbstoff Melanin dunkel gefärbte Substantia nigra, die beide eine wichtige Rolle bei der Motorik spielen.

Hirnstamm

Hirnstamm/Truncus cerebri/brainstem

Der „Stamm“ des Gehirns, an dem alle anderen Gehirnstrukturen sozusagen „aufgehängt“ sind. Er umfasst – von unten nach oben – die Medulla oblongata, die Pons und das Mesencephalon. Nach unten geht er in das Rückenmark über.

Mesencephalon

Mesencephalon/-/mecencephalon, midbrain

Das Mittelhirn ist der oberste Abschnitt des Hirnstammes. Seine Regionen liegen um das Aquädukt, einen mit Hirnflüssigkeit gefüllten Kanal. Prominente Strukturen sind das Tektum (Mittelhirndach) und das Tegmentum (Mittelhirnhaube).

Mesencephalon

Mesencephalon/-/mecencephalon, midbrain

Das Mittelhirn ist der oberste Abschnitt des Hirnstammes. Seine Regionen liegen um das Aquädukt, einen mit Hirnflüssigkeit gefüllten Kanal. Prominente Strukturen sind das Tektum (Mittelhirndach) und das Tegmentum (Mittelhirnhaube).

Pons

Brücke/Pons/pons

Areal im Hirnstamm zwischen Medulla oblongata und Mesencephalon. Enthält zahlreiche Kerne, die an der Steuerung der Motorik beteiligt sind.

Diencephalon

Zwischenhirn/Diencephalon/diencephalon

Zum Diencephalon (Zwischenhirn) gehören unter anderem der Thalamus und der Hypothalamus. Gemeinsam mit dem Großhirn bildet es das Vorderhirn. Im Diencephalon finden sich Zentren für Sensorik, Emotion und zur Steuerung lebenswichtiger Funktionen wie Hunger und Durst.

Cortex

Großhirnrinde/Cortex cerebri/cerebral cortex

Der Cortex cerebri, kurz Cortex genannt, bezeichnet die äußerste Schicht des Großhirns. Sie ist 2,5 mm bis 5 mm dick und reich an Nervenzellen. Die Großhirnrinde ist stark gefaltet, vergleichbar einem Taschentuch in einem Becher. So entstehen zahlreiche Windungen (Gyri), Spalten (Fissurae) und Furchen (Sulci). Ausgefaltet beträgt die Oberfläche des Cortex ca 1.800 cm2.

Rückenmark

Rückenmark/Medulla spinalis/spinal cord

Das Rückenmark ist der Teil des zentralen Nervensystems, das in der Wirbelsäule liegt. Es verfügt sowohl über die weiße Substanz der Nervenfasern, als auch über die graue Substanz der Zellkerne. Einfache Reflexe wie der Kniesehnenreflex werden bereits hier verarbeitet, da sensorische und motorische Neuronen direkt verschaltet sind. Das Rückenmark wird in Zervikal-​, Thorakal-​, Lumbal und Sakralmark unterteilt.

Neuron

Neuron/-/neuron

Das Neuron ist eine Zelle des Körpers, die auf Signalübertragung spezialisiert ist. Sie wird charakterisiert durch den Empfang und die Weiterleitung elektrischer oder chemischer Signale.

Nucleus

Nucleus/Nucleus/nucleus

Nucleus, Plural Nuclei, bezeichnet zweierlei: Zum einen den Kern einer Zelle, den Zellkern. Zum zweiten eine Ansammlung von Zellkörpern im Gehirn.

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Aufgaben und Risiken

Der Hirnstamm kontrolliert aber auch Blutdruck und Herzfrequenz, steuert Atmung und Schwitzen. Zudem reguliert er Wachen und Schlafen bis ins Detail, koordiniert also, wie aktiv das Gehirn gerade ist beziehungsweise in welcher Traumphase wir uns befinden. Als entscheidende Schaltzentrale erweist er sich auch bei einigen lebenswichtigen Reflexen wie Schlucken, Brechen oder Husten.

Zentraler Taktgeber dieser zahlreichen Vitalfunktionen ist die Formatio reticularis, deren netzartige Struktur sich durch den gesamten Hirnstamm zieht. Besonders prominent sind hier die Raphe-​Kerne, die im gesamten reticulären System verteilt sind, weitflächig ins Gehirn projizieren und deren Botenstoff das Serotonin ist. Nicht zuletzt finden sich im Truncus cerebri die Kerne von zehn der insgesamt zwölf Gehirnnerven, die beispielsweise Geschmacks– und Höreindrücke ans Gehirn übertragen, Augen– und Gesichtsmuskulatur steuern oder das Gleichgewicht regulieren. (Siehe Detail on Demand)

Wo viele Funktionen zusammenlaufen, kann bei Ausfall großer Schaden entstehen. Begrenzte Schädigungen des Hirnstamms – etwa durch Schlaganfall oder Entzündungen – können zu Lähmung oder Empfindungsstörungen bestimmter Körperareale führen, zu Schwindel oder unkontrolliertem Zittern. Tödlich wird es, wenn eine Schwellung die Durchblutung zum Erliegen bringt, was schon nach einer Gehirnerschütterung passieren kann. Mit dem Hirnstamm versagen dann die von ihm gesteuerten lebensnotwendigen Körperfunktionen und es kann zu einem Herz– oder Atemstillstand kommen. Umgekehrt betrachtet sind es Teile des Hirnstammes, die bei Wachkomapatienten die Lebensfunktionen aufrechterhalten, während das Großhirn – und mit ihm sämtliches Bewusstsein – schwerstgeschädigt sein kann.

Hirnstamm

Hirnstamm/Truncus cerebri/brainstem

Der „Stamm“ des Gehirns, an dem alle anderen Gehirnstrukturen sozusagen „aufgehängt“ sind. Er umfasst – von unten nach oben – die Medulla oblongata, die Pons und das Mesencephalon. Nach unten geht er in das Rückenmark über.

Serotonin

Serotonin/-/serotonin

Ein Neurotransmitter, der bei der Informationsübertragung zwischen Neuronen an deren Synapsen als Botenstoff dient. Er wird primär in den Raphé-​Kernen des Mesencephalons produziert und spielt eine maßgebliche Rolle bei Schlaf und Wachsamkeit, sowie der emotionalen Befindlichkeit.

Schlaganfall

Schlaganfall/Apoplexia cerebri/stroke

Bei einem Schlaganfall werden das Gehirn oder Teile davon zeitweilig nicht mehr richtig mit Blut versorgt. Dadurch kommt es zu einer Unterversorgung mit Sauerstoff und dem Energieträger Glukose. Häufigster Auslöser des Schlafanfalls ist eine Verengung der Arterien. Zu den häufigsten Symptomen zählen plötzliche Sehstörungen, Schwindel sowie Lähmungserscheinungen. Als Langzeitfolgen können verschiedene Arten von Gefühls– und Bewegungsstörungen auftreten. In Deutschland ging 2006 jeder dritte Todesfall auf einen Schlaganfall zurück.

Großhirn

Großhirn/Telencephalon/cerebrum

Das Großhirn umfasst die Großhirnrinde, (graue Substanz), die Nervenfasern (weiße Substanz) und die Basalganglien. Es ist der größte Teil des Gehirns. Die Rinde kann in vier Rindenfelder unterteilt werden: Temporallappen, Frontallappen, Okzipitallappen und Parietallappen.
Seine Aufgaben sind die Koordination von Wahrnehmung, Motivation, Lernen und Denken.

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2 Kommentare

Es wäre schön, wenn bei einigen Abbildungen des Gehirns der Schädel mit den wichtigsten von außen sichtbaren Merkmalen wie Auge und Ohr als Schattenriss sichtbar wäre. Dann könnte sich auch ein Laie wie ich besser am eigenen Kopf orientieren.

Arvid Leyh 20.01.2017
Wenn Sie im 3D-Gehirn sind, sehen Sie in einigen Filtern (sehen, hören) die dazugehörigen sensorischen Strukturen.

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