Steckbrief Koffein

Steckbrief Koffein

Wie wirkt Koffein? Die weltweit am häufigsten konsumierte pharmakologisch aktive Substanz hat viele positive Eigenschaften – birgt aber auch einige Gefahren.

Wissenschaftliche Betreuung: Dr. Stefan Gutwinski

Veröffentlicht: 27.05.2015

Niveau: mittel

Das Wichtigste in Kürze
  • Koffein ist ein Alkaloid, das natürlich in Kaffee, Tee, Guarana, Mate und Kakao vorkommt.
  • Koffein hemmt GABA-, Adenosin- und ATP-Rezeptoren. In der Folge kommt es zur Freisetzung von Dopamin, Adrenalin und Noradrenalin mit Effekten auf Herz, zentrales Nervensystem und andere Organe.
  • Koffein stimuliert den Stoffwechsel sowie den Kreislauf und verengt zerebrale Blutgefäße. Es steigert die Leistungs- und Risikobereitschaft.
  • Koffein löst keine Sucht aus, macht jedoch psychisch abhängig und kann bei plötzlichem Verzicht Entzugserscheinungen auslösen.


Koffein ist ein stimulierend wirkendes Alkaloid, das natürlich in Pflanzen wie Kaffee, Tee, Mate, Guarana und Kakao vorkommt. Künstlich hergestellt wird es auch einigen weiteren Getränken beigefügt; sein Besitz ist legal.

Pharmakologische Wirkung

Koffein wird schnell und nahezu vollständig aus dem Verdauungstrakt aufgenommen, vom Blut aus durchdringt es rasch die Blut-​Hirn-​Schranke. Koffein kann auch die Plazentaschranke passieren und in die Muttermilch gelangen.

Seine Wirkung zeigt sich etwa 15 Minuten nach der Einnahme und hält bis zu sechs Stunden an. Die Zeit bis zum Abbau von Koffein wird durch Nikotin verkürzt. Lebererkrankungen und Alkohol können diesen Prozess wiederum verlängern. Im Nervensystem wirkt Koffein in niedrigen Dosen hemmend auf GABA-​, Adenosin– und ATP-​Rezeptoren. Für die bekannte Wirkung auf die Psyche ist vor allem die Blockade der Adenosin-​Rezeptoren verantwortlich. Adenosin ist nicht nur ein Botenstoff, es moduliert auch die Freisetzung weiterer Transmitter. Eine Blockade der entsprechenden Rezeptoren bewirkt die Freisetzung von Botenstoffen wie Dopamin, Adrenalin und Noradrenalin. Dadurch stimuliert Koffein das Herz, das Zentralnervensystem und weitere Organe. Die Adenosin-​Rezeptor-​Blockade verursacht auch eine Verengung der Blutgefäße im Gehirn. In mittleren Dosen regt Koffein die Magensäureproduktion an.

Rezeptor

Rezeptor/-/receptor

Signalempfänger in der Zellmembran. Chemisch gesehen ein Protein, das dafür verantwortlich ist, dass eine Zelle ein externes Signal mit einer bestimmten Reaktion beantwortet. Das externe Signal kann beispielsweise ein chemischer Botenstoff (Transmitter) sein, den eine aktivierte Nervenzelle in den synaptischen Spalt entlässt. Ein Rezeptor in der Membran der nachgeschalteten Zelle erkennt das Signal und sorgt dafür, dass diese Zelle ebenfalls aktiviert wird. Rezeptoren sind sowohl spezifisch für die Signalsubstanzen, auf die sie reagieren, als auch in Bezug auf die Antwortprozesse, die sie auslösen.

Adrenalin

Adrenalin/-/adrenaline

Gehört neben Dopamin und Noradrenalin zu den Catecholaminen. Adrenalin ist das klassische Stresshormon. Es wird im Nebennierenmark produziert und bewirkt eine Steigerung der Herzfrequenz sowie der Stärke des Herzschlags und bereitet so den Körper auf erhöhte Belastung vor. Im Gehirn wirkt Adrenalin auch als Neurotransmitter (Botenstoff), hier bindet es an sogenannte Adenorezeptoren.

Noradrenalin

Noradrenalin/-/noradranalin

Gehört neben Dopamin und Adrenalin zu den Catecholaminen. Es wird im Nebennierenmark und in Zellen des Locus coeruleus produziert und wirkt meist anregend. Noradrenalin wird oft mit Stress in Verbindung gebracht.

Effekte auf Körper und Psyche

Die etwa in einer Tasse Kaffee enthaltene Dosis von 100 Milligramm Koffein lässt das Herz kräftiger schlagen, beschleunigt die Atmung und erhöht den Stoffwechsel und die Körpertemperatur. Außerdem wirkt Koffein schwach harntreibend. Zwar steigt auch der Blutdruck an, doch dies ist nur kurzfristig. Selbst bei Menschen mit chronischem Bluthochdruck zeigt sich durch mäßigen Koffeingenuss kein langfristiger Einfluss auf den Blutdruck.

Koffein verbessert kognitive Leistungen, etwa das Gedächtnis – allerdings nur geringfügig und nur dann, wenn diese zuvor durch Müdigkeit oder Langeweile gesenkt waren. Zudem werden Reaktionen verbessert. Wie stark diese Wirkungen sind, unterscheidet sich jedoch je nach Konsument. Dies gilt auch für die Auswirkungen von Koffein auf den Schlaf: Dosen ab 100 Milligramm können das Einschlafen erschweren. Bei Gewohnheitstrinkern ist dieser Effekt jedoch weniger ausgeprägt. Interessanterweise gibt es auch Personen, die auf Koffein genau entgegengesetzt reagieren, nämlich mit Schläfrigkeit. Koffein erhöht die Dauer der Phasen leichten Schlafes auf Kosten der Tiefschlafphase, hat jedoch keinen Einfluss auf die REM– oder Traumphasen.

Zwar kann chronischer Konsum zu einer psychischen Abhängigkeit führen, es entsteht jedoch keine körperliche Abhängigkeit. Dies liegt vermutlich daran, dass es nur einen geringen Einfluss auf das Belohnungszentrum des Gehirns hat. In sehr hohen Dosen oder bei Kindern erzeugt Koffein allerdings Erregung und rauschartige Zustände. Auch schreckhafte Ängstlichkeit und Halluzinationen sind bei Kindern beschrieben. Bei Menschen mit entsprechender Neigung kann Koffein epileptische Anfälle auslösen oder verstärken.

Gedächtnis

Gedächtnis/-/memory

Gedächtnis ist ein Oberbegriff für alle Arten von Informationsspeicherung im Organismus. Dazu gehören neben dem reinen Behalten auch die Aufnahme der Information, deren Ordnung und der Abruf.

Mesolimbisches System

Mesolimbisches System/-/mesolimbic pathway

Ein System aus Neuronen, die Dopamin als Botenstoff verwenden und das entscheidend an der Entstehung positiver Gefühle beteiligt ist. Die Zellkörper liegen im unteren Tegmentums und ziehen unter anderem in die Amygdala, den Hippocampus und – besonders wichtig – den Nucleus accumbens, wo sie ihre Endköpfchen haben.

Möglicher therapeutischer Nutzen

Koffein wird bei Atemstillstand von Neugeborenen eingesetzt, sowie als Zusatz in Kombinationspräparaten gegen Schmerzen und Migräné. Die genaue Wirkung in Schmerzmitteln ist unklar. Man vermutet positive Effekte durch eine Verengung der Gefäße. Abgesehen davon reduziert Koffein die bei vielen Kopfschmerzen krankhaft erhöhte Durchlässigkeit der Zellmembranen und die dadurch bedingte Neigung zur Bildung von Schwellungen.

Risiken

Der tägliche Genuss von Koffein führt zu einer Gewöhnung. Wird der Konsum unterbrochen oder beendet, fühlt man sich müde und benommen. Viele Menschen klagen auch über Unlust, Reizbarkeit, Kopf– und Muskelschmerzen, Übelkeit, Erbrechen und Angstzustände. Diese Symptome klingen nach wenigen Tagen ab. Der chronische Konsum von Koffein in extremen Mengen kann paranoides Verhalten auslösen. Die für Menschen tödliche Dosis liegt bei etwa zehn Gramm.

Koffein gilt als Mit-​Auslöser des medikamenten-​induzierten Kopfschmerzes, da es auch als Kombinationsmittel in vielen Schmerzmedikamenten vorkommt. Wie die Substanz diesen Schmerz auslöst oder verstärkt, ist nicht bekannt.

Habituation

Habituation/-/habituation

Werden Reize wiederholt angeboten, ohne dass sie einen Effekt haben, findet eine Gewöhnung an diese Reize statt. Dadurch schwächt sich die Reaktion ab und bleibt mit der Zeit ganz aus. Es kann sogar zu einer Löschung, einer Extiktion von erlerntem Verhalten kommen.

Trivia

Koffein wurde in Reinform erstmals 1819 von Friedlieb Ferdinand Runge aus Kaffeebohnen isoliert. Heute ist Koffein mit jährlich etwa 200.000 Tonnen die weltweit die am häufigsten konsumierte pharmakologisch aktive Substanz.

Entgegen einer verbreiteten Ansicht ist auch in Grün– und Schwarztee Koffein enthalten. Früher nannte man ihn, sofern er in Tees enthalten war, Teein. Der Wirkstoff ist allerdings derselbe. Ein entscheidender Unterschied ist jedoch, dass das Koffein im Tee an bestimmte Polyphenole gebunden ist, die Wirkung tritt darum später ein und hält länger an: Während Koffein im Kaffee bereits vom Magen in den Blutkreislauf gelangt, wird es im Tee gelöst erst über den Darm aufgenommen. Koffein aus Grün– und Schwarztee ist daher besser verträglich.

Zum Weiterlesen:

  • Kaffee, Käse, Karies… Biochemie im Alltag, hg von Jan Koolman, Hans Moeller, Klaus-​Heinrich Röhm, Wiley-​VCH, Weinheim (2003)
  • Handbuch der Rauschdrogen, Wolfgang Schmidbauer, Jürgen vom Scheidt, Fischer Verlag, Frankfurt am Main (2004)

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