Frage an das Gehirn

Was ist der Wada-Test?

Fragesteller/in: Sonja Neu aus Berlin

Veröffentlicht: 23.07.2013

Das Kind einer Bekannten musste kürzlich einen Wada-​Test machen. Was geschieht dabei und wozu ist das gut?

Die Antwort der Redaktion lautet:

Prof. Dr. phil. Christoph Helmstaedter, Klinik für Epileptologie, Universität Bonn:

Wada-​Test führt man vor manchen Hirn-​Operationen durch. Er hilft herauszufinden, ob eine Hirnhälfte eine Funktion hat, die so relevant ist, dass man sie nicht verlieren möchte. Ein typischer Fall ist: Jemand hat Epilepsie, und der Epilepsie-​Herd befindet sich in einer Region der linken Hirnhälfte, die normalerweise in Sprachleistungen eingebunden ist, und man überlegt, diese Epilepsie chirurgisch zu behandeln. Dabei ist bekannt, dass die linke Hirnhälfte die sprachdominante Seite ist, und Sprache und Kommunikation sind in unserer Gesellschaft unverzichtbare Funktionen. Bei der Epilepsie-​OP will man da selbstverständlich keinen Schaden anrichten. Deswegen hat der japanisch-​kanadische Neurologe John Wada einen Test entwickelt.

Durchgeführt wird der Test meistens so: Der Patient bekommt einen Katheter. Dieser dünne Schlauch führt von der Leiste am Herzen vorbei bis ins Gehirn, bis in die linke Hirn-​Arterie. Dort wird dann ein Narkosemittel freigesetzt. In der Regel ist das Amobarbital. So wird die linke Hirnhälfte für etwa zwei bis fünf Minuten schlafen gelegt. Jetzt kommt der eigentliche Test, bei dem wir Sprach– und Gedächtnisfunktionen testen.

Ganz konkret bitte ich zum Beispiel den Patienten, auf einem Bild mir das Fahrrad oder die Banane zu zeigen. Dann lasse ich Dinge benennen: Was ist das, worauf ich zeige? Außerdem lasse ich etwas nachsprechen. Es geht also von simplen zu komplexeren Aufgaben. Wenn noch Zeit ist, soll der Patient auch noch etwas vorlesen oder leichte Mathe-​Aufgaben im Kopf rechnen. Es wird also geprüft, wie gut der Proband noch Sprache wahrnehmen und ausdrücken kann, wenn eine Hirnhälfte schlafen gelegt ist.
Der Wada-​Test simuliert so zwei Dinge: Was passiert, wenn bei der zukünftigen Operation der größte anzunehmende Schaden eintritt und die Hirnhälfte ausgeschaltet ist? Und was vermag die verbleibende Hirnhälfte zu leisten?

Wenn die Hirn-​Erkrankung schon früh aufgetreten ist, dann kann das Gehirn durchaus so umgelernt haben, dass die eine oder andere Funktion längst in die andere Hälfte verlagert worden ist. Wenn dem nachweislich so ist, dann kann der Chirurg freier operieren: Er hat weniger Angst, eben jene relevanten Funktionen wie die des Sprachzentrums zu schädigen.

Eine große Frage ist oft: Soll man beide Seiten mit dem Wada-​Test prüfen? Früher hat man bei allen Patienten immer beide Seiten getestet, auch bei Epilepsie-​Patienten, von denen man wusste, dass nur eine Hirnhälfte betroffen war und operiert werden sollte. Der Vorteil, wenn man beide Seiten testet, ist: Man kann ein Dominanz-​Muster errechnen: Wie sehr ist diese oder jene Funktion links– oder rechtsdominant? Der Nachteil ist allerdings: Wenn bei dem Test vor der Operation auf der gesunden Seite ein Schaden entsteht und bei der Operation dann das Gegenstück entfernt oder in Mitleidenschaft gezogen wird, dann kann eine Funktion des Gehirns vollständig verloren gehen.

Der Wada-​Test ist ja ein invasives Verfahren: Man geht in den Körper hinein. Das ist nicht risikolos, auch wenn Komplikationen sehr selten sind oder nur in Einzelfällen auftreten. Zum Beispiel kann ein Blutgefäß verletzt werden, verschlossen werden oder bluten. Wenn man beim Wada-​Test nur die schon erkrankte Seite betäubt und dort ein Schaden aufträte, wäre das weniger schlimm, als wenn die gesunde Seite von der Komplikation betroffen ist.

Deswegen führt man – im Gegensatz zu früher – nur einseitige Wada-​Tests durch. Dann vergleicht man die Leistung unter dem Test mit der Leistung in einer Situation ohne Betäubung. Durch den Unterschied bekommt man dann eine Vorstellung, welche Leistungen einbrechen oder erhalten bleiben.

Aufgezeichnet von Franziska Badenschier

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