Frage an das Gehirn

Warum erzeugt Geschwindigkeit einen „Rausch“?

Fragesteller/in: Thilo via Email

Veröffentlicht: 10.10.2015

Das Herz pocht, der Atem stockt: Bei 200 Stundenkilometern auf der Autobahn oder im Looping der Achterbahn erleben viele Menschen einen Rauschzustand. Aber warum ist das so?

Die Antwort der Redaktion lautet:

Prof. Dr. Markus Lappe , Westf älische Wilhelms-​Universit ät M ünster: Um es vorweg zu nehmen: Eine konkrete Antwort darauf gibt es noch nicht. Generell ist es so, dass Menschen Geschwindigkeit über verschiedene Sinne wahrnehmen. Über das Auge registrieren wir visuell, wie sich die Welt uns gegenüber bewegt. Der Gleichgewichtssinn in den Ohren misst Kräfte, also Beschleunigung. Und über das somatosensorische System erkennen wir Luftzüge und andere Reize.

Wir können Geschwindigkeit aber ebenso alleinig über das Sehen erleben. Ein Beispiel dazu: Wenn wir Motorrad fahren und Bäume und Autos an unseren Augen vorbeiziehen, nennen Wissenschaftler das den „optischen Fluss“. Diesen nehmen wir auch wahr, wenn wir sitzen oder stehen und das Geschehen auf einem Bildschirm betrachten. Je länger wir den optischen Fluss sehen, desto eher meinen wir, uns selber zu bewegen. Bei wirklichkeitsgetreuen Hubschrauberflügen im 3D-​Kino oder bei Rennspielen am Computer kann es so zu optischen Täuschungen kommen – aber auch zu Herzklopfen, zittrigen Händen und Schweiß auf der Stirn. Ein Rauschgefühl entsteht.

Das visuelle System kann neben dem Farbsehen und der Objekterkennung demnach auch Bewegung erfassen. Das funktioniert so: Über die Hornhaut und Linse des Auges werden Lichtreize gebrochen. Die Außenbereiche der Netzhaut, die Retina, haben eine geringe Auflösung, sind aber auf die Messung von Bewegung spezialisiert. Von dort aus geht die Reise der Reize weiter in die visuellen Bereiche des Großhirns. Dort gibt es zwei Verarbeitungspfade: die „Wo“-Bahn und die „Was“-Bahn beziehungsweise den dorsalen und ventralen Pfad. Für die Analyse der Bewegungsmuster ist ausschließlich der dorsale Pfad zuständig.

Der Weg führt darüber zu den drei Regionen mediotemporales Areal (MT), medio-​superior temporales Areal (MST) und ventrales intraparietales Areal (VIP). Diese Bereiche sind direkt miteinander verbunden und im Wesentlichen zuständig für die Verarbeitung von Bewegungsrichtung und Geschwindigkeit: Das Areal MT ist allgemein für Bewegung zuständig, wie für die Erkennung eines fliegenden Balls. Von dort werden die Informationen über axonale Verbindungen sowohl an das Areal MST als auch das Areal VIP weitergeleitet. Beide sind für die eigene Bewegung zuständig und reagieren ähnlich auf den optischen Fluss. Alle drei Areale dienen auch der motorischen Kontrolle der eigenen Bewegung. Wie das genau funktioniert, ist jedoch noch nicht untersucht.

Daher ist unklar, wie das Entstehen eines Rausches damit zusammenhängt. Weiter erforscht werden müsste auch, inwieweit Hormone einen solchen Zustand mit verursachen. Letztlich könnten verschiedene Faktoren relevant sein für einen Tempo-​Rausch: Wer gerne Achterbahn fährt, weiß, dass das gesehene Geschwindigkeitserleben und die Informationen vom Gleichgewichtsorgan zusammenkommen.

In jedem Fall steigt bei hoher Geschwindigkeit die Herzfrequenz an. Das liegt daran, dass meist verschiedene Arten von Stresssituationen zusammenkommen: Aufregung, Höhenangst, kräftige Beschleunigungen, kurze Schwerelosigkeit. Typisch für so genannte „thrill seekers“ ist übrigens, dass sie immer höhere oder schnellere Achterbahnen fahren wollen, um in Ekstase zu kommen.

Aufgezeichnet von Martina Gauder

Auge

Augapfel/Bulbus oculi/eye bulb

Das Auge ist das Sinnesorgan zur Wahrnehmung von Lichtreizen – von elektromagnetischer Strahlung eines bestimmten Frequenzbereiches. Das für den Menschen sichtbare Licht liegt im Bereich zwischen 380 und 780 Nanometer.

Auge

Augapfel/Bulbus oculi/eye bulb

Das Auge ist das Sinnesorgan zur Wahrnehmung von Lichtreizen – von elektromagnetischer Strahlung eines bestimmten Frequenzbereiches. Das für den Menschen sichtbare Licht liegt im Bereich zwischen 380 und 780 Nanometer.

Hornhaut

Hornhaut/Cornea/cornea

Die Hornhaut ist der vordere transparente Teil der äußeren Augenhaut. Sie ist bereits an der Lichtbrechung beteiligt, sorgt also dafür, dass das Abbild eines entfernten Objektes auf den Punkt des schärfsten Sehens der Netzhaut fällt.

Linse

Linse/Lens crysstallina/lense

Die Augenlinse ist eine transparente, flexible Struktur, die durch ihren unterschiedlichen Krümmungsgrad (siehe dazu Ziliarmuskel und Zonulafasern) den Prozess der Akkomodation (das Fokussieren) und damit scharfes Sehen im Nahbereich ermöglicht.

dorsal

dorsal/-/dorsal

Die Lagebezeichnung dorsal bedeutet „zum Rücken hin“ gelegen. Im Bezug auf das Nervensystem handelt es sich um eine Richtung senkrecht zur neuralen Achse, also nach oben zum Kopf oder nach hinten.
Bei Tieren ohne aufrechten Gang ist die Bezeichnung einfacher, dort bedeutet sie immer zum Rücken hin. Durch den aufrechten Gang des Menschen knickt das Gehirn im Bezug auf das Rückenmark ab, wodurch dorsal zu „oben“ wird.

dorsal

dorsal/-/dorsal

Die Lagebezeichnung dorsal bedeutet „zum Rücken hin“ gelegen. Im Bezug auf das Nervensystem handelt es sich um eine Richtung senkrecht zur neuralen Achse, also nach oben zum Kopf oder nach hinten.
Bei Tieren ohne aufrechten Gang ist die Bezeichnung einfacher, dort bedeutet sie immer zum Rücken hin. Durch den aufrechten Gang des Menschen knickt das Gehirn im Bezug auf das Rückenmark ab, wodurch dorsal zu „oben“ wird.

Vestibularapparat

Vestibularapparat/Organon vestibulare/vestibular organ

Das Gleichgewichtsorgan ist Teil des Innenohres. Es hat seine Sensoren in den Bogengängen. Als Teil des Gleichgewichtssystems spürt er kreisförmige Umdrehungen (Rotationen), Beschleunigung und Schwerkraft (Gravitation) auf.

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